Dass ein passender Beat den Track nach vorne treibt, ist klar. Je nach Vorstellung und Arbeitsweise bieten sich dafür Drum-Maschinen und MPCs stehen, die sich ihre Sounds entweder aus einem internen Speicher ziehen oder von der Festplatte. Einen besonderen Charme entfalten jedoch akustische Schlaginstrumente, die Sie selbst aufgenommen haben. Der Aufwand dafür ist natürlich höher, als Belohnung gibt es aber nicht nur absolut einzigartige Ergebnisse, auch der Workflow „biegt“ in eine spannende Richtung ab! Was Sie dafür brauchen und welche Vorgehensweisen zu guten Ergebnissen führen, haben wir Ihnen im folgenden umfangreichen Tutorial zusammen gestellt.
Gehen wir doch gleich in die Vollen: Eine absolute Low Budget Lösung für die Aufnahme akustischer Instrumente wäre es, einfach den Computer, das Smartphone oder Tablet zu verwenden und in einer entsprechenden App „Record“ zu drücken. Damit sparen Sie sich viel Aufwand und Kosten, denn die intern verbauten Mikros und Wandler übernehmen die ganze Arbeit. Fakt ist, dass auf diese Weise tatsächlich bestimmte Teile auch großer Produktionen entstehen. Lo-Fi ist ein beliebtes „Gewürz“ vieler Produzenten, der Kontrast kann den Song dann richtig spannend machen. Können wir uns also den Rest dieses Spezials sparen? Nein, denn unser Ziel ist es, perkussive Signale hoher Qualität aufzunehmen und die Möglichkeit zu erhalten, mehrere Spuren getrennt voneinander zu bearbeiten.
Audio-Interface mit genügend Vorverstärkern
Wer noch keines hat, benötigt dafür zunächst ein geeignetes Audio-Interface. Generell stellt sich bei der Auswahl des Gerätes die Frage, wi eviele Mikrofone Sie gleichzeitig aufnehmen möchten. Für ein komplettes Schlagzeug empfehlen wir Modelle mit mindestens vier, besser noch acht eingebauten Mikrofonvorverstärkern. Vorsicht: Die Hersteller nennen in ihren Produktbeschreibungen oft die Anzahl der maximal zu verarbeitenden Kanäle. Uns interessieren jedoch die XLR-Buchsen zum Anschluss von Mikrofonen. Sollten Sie jedoch primär am Aufnehmen einzelner Drum-Spuren interessiert sein, reichen einer oder zwei freie Vorverstärker aus.
Jetzt geht’s ans Eingemachte: Die Wahl der Mikrofone
Um Snaredrums und Toms standesgemäß aufzunehmen, haben sich dynamische Instrumenten-Mikros bewährt, die hohe Schalldrücke (SPL: Sound Pressure Level) verarbeiten können. Ein Klassiker ist hier sicherlich das Shure SM57, welches seit mehreren Jahrzehnten von Produzenten aller Stilrichtungen für diese Aufgabe verwendet wird. Nahezu alle Hersteller bieten jedoch Alternativen an, die sich genauso gut eignen.
Bassdrums: Während es sich bei Snaredrum- und Tom-Mikros meistens um vielseitig einsetzbare Instrumentenmikrofone mit tendenziell linearen Frequenzgängen handelt, greifen Drummer und Produzentinnen für die Bassdrum gern auf Schallwandler zurück, die vom Hersteller auf diesen spezifischen Einsatzzweck hin optimiert wurden. Modelle wie das Sennheiser e902 oder Audix D6 verfügen über mittenreduzierte Frequenzgänge, die den Anschlag (Attack) und den Tiefbass der Trommel betonen und weniger Bearbeitung im Mix benötigen. Nicht unbedingt nötig, aber eine oft willkommene Ergänzung zum regulären Bassdrum-Mikro stellen sogenannte Subkick-Mikros dar, die – vor das Resonanzfell der Bassdrum gestellt – die ganz tiefen Frequenzen der Trommel einfangen. Technisch handelt es sich hierbei um verpolte Lausprecher, deren Masseträgheit der Aufgabe entgegen kommt. Aber auch Gesangsmikrofone werden oft in dieser Position verwendet.
Overhead-Mikrofone
In vielen Setups sind die Overhead-Mikrofone für die Abbildung des gesamten Schlagzeugs zuständig, manche sehen sie hingegen primär als Becken-Mikros. Der am weitesten für diese Anwendung verbreitete Typ dürfte das Kondensator-Mikrofon sein. Ob es sich dabei um Kleinmembran-Kondensator-Mikros in Stäbchenform oder Großmembran-Mikros handelt, ist dabei Geschmackssache. Für einen weicheren, höhenreduzierten Sound haben sich auch Bändchenmikrofone bewährt. Teure Klassiker wie beispielsweise das Coles 4038 müssen es allerdings gar nicht sein, schon mit sehr günstigen Modellen lassen sich fett klingende Schlagzeugaufnahmen produzieren.
Raum- und „Dirt“-Mikrofone
Obwohl nicht unbedingt nötig, fängt für viele DrummerInnen bei Raum-Mikros der Spaß erst richtig an. Der Typ ist hier zweitrangig, denn die Aufgabe des Raum-Mikros ist es, ein Signal zu liefern, welches im Mix per Kompressor ordentlich „aufgepumpt“ werden kann. Eine ähnliche Funktion besitzen „Dirt“-Mikros, welche an bestimmten Stellen im Kit positioniert werden, um ebenfalls mehr Griffigkeit und/oder klangliche Spannung zu generieren.
Gute Kabel erleichtern das Leben
So richtig sexy sind Kabel vielleicht nicht unbedingt, ohne sie bleibt es allerdings still. Dazu kommt, dass die richtigen „Strippen“ das Leben speziell beim Drumrecording erheblich erleichtern. Es beginnt bei den passenden Längen, die so gewählt werden sollten, dass sich alle möglichen Positionierungsoptionen umsetzen lassen, ohne an Kabelgrenzen zu kommen oder Stolperfallen zu produzieren. Auch die Qualität ist wichtig, denn nichts ist nerviger, als bei Problemen immer erst checken zu müssen, ob es am Kabel liegt. In unserem Recording-Studio nutzen wir überwiegend die CPM FM Kabel der Firma Cordial, die mir mit ihrer guten Abschirmung und den präzisen Neutrik-Steckern beim täglichen Hantieren die Arbeit erleichtern und gleichzeitig lange halten. Auch sehr praktisch ist die Möglichkeit, die Kabel in unterschiedlichen Farben zu bekommen, so sieht man auf einen Blick, in welchen Interface-Input welches Mikrofonsignal läuft.
Positionierung der Mikrofone
In den meisten Fällen setzt sich die Mikrofonierung von Trommeln und Becken aus sogenannten Close-Mics und Distant Mics zusammen. Wie der Name schon sagt, werden die Close-Mics nahe an den jeweiligen Trommeln und Becken positioniert. Optimalerweise sollen sie nur das Instrument aufnehmen, auf welches sie gerichtet sind, Übersprechungen von anderen Instrumenten des Drumsets und auch Raumanteile sollen minimiert werden. Dadurch kann der Klang einzelner Instrumente des Schlagzeugs später im Mix zielgenau geformt werden. Unsere Empfehlung ist, die Mikrofone etwa zwei Finger breit über den Spannreifen von Snare und/oder Toms zu positionieren und die Einsprechachse etwa auf die Mitte des Fells auszurichten. Dort ist der Attack am ausgeprägtesten, Obertöne werden in der Relation weniger stark aufgenommen. Bei Bassdrums wird das Mikrofon in den meisten Fällen in der Trommel oder vor dem Resonanzfell positioniert. Hier gilt: je näher die Mikrofonkapsel dem Auftreffpunkt des Schlägels kommt, desto mehr Attack bekommt das Signal.
Ganz anders sieht es bei Overheads und Raummikros aus. Durch ihre größere Entfernung nehmen sie naturgemäß einen viel größeren Bereich des Schlagzeugs und deutlich mehr Raumanteile auf. Dies sollten Sie bei der Aufstellung im Kopf behalten, denn nachträgliche, zielgerichtete Eingriffe in Teile des Signals (beispielsweise die Snaredrum) sind deutlich schwerer zu bewerkstelligen. Damit schon bei der Aufnahme eine gute Balance entsteht, ist es wichtig, dass beide Overhead-Mikros denselben Abstand zur Snaredrum haben. Wir haben eine Distanz zur Fellmitte von 90 bis 100 Zentimetern für gut befunden. Soll der Sound eher „tight“ und wenig räumlich sein, darf natürlich gern mit weniger Abstand experimentiert werden, ein offener, breiterer Klang wird hingegen durch höher positionierte Overheads begünstigt.
Der Raum spielt mit: Die Akustik
Das Aufnehmen von echten Schlaginstrumenten wird in der Szene oft als Königsklasse des Recordings bezeichnet. Der Grund dafür liegt auf der Hand. Denn anders als bei nahezu allen anderen Schallquellen, deckt das Drumset einen extrem weiten Frequenz- und Dynamikbereich ab. Beide Faktoren rücken die Akustik des jeweiligen Raumes in den Vordergrund. Große Studios für live gespielte Musik besitzen daher klanglich optimierte Räumlichkeiten mit verschiedenen, abgestimmten Akustikelementen wie Absorbern, Bassfallen und Diffusoren.
Bassfallen in allen Raumecken bringen einen sofort hörbaren Effekt, denn sie eliminieren das typische „Proberaumrumpeln“, welches dadurch entsteht, dass sich Bässe und Mitten in den Ecken „stauen“ und die Aufnahme intransparent und matschig werden lassen. Hier sprechen wir insbesondere vom Frequenzbereich zwischen etwa 150 und 500 Hz. Je nach Budget und Klangvorstellung lassen sich zusätzliche Bassfallen auch nah am Drumset positionieren, um die Entfaltung dieser Störfrequenzen direkt an der Quelle zu eliminieren. Je trockerer der (Bass-) Klang werden soll, desto mehr schwere Absorber wie die genannten HOFA Akustik Bassfallen sind empfehlenswert.
Als weitere Maßnahmen zur Verkürzung störenden Nachhalls bieten sich kleinere Breitbandabsorber an, welche an Wänden und Decken fixiert werden können. Auch hier sorgt die räumlich nahe Positionierung an der Schallquelle dafür, dass störende Höhen und Mitten schnell kontrolliert werden und sich nicht zu sogenannten Raummoden aufschaukeln können. Snaredrums, Hihats und Becken profitieren davon besonders, das Ergebnis ist ein griffigerer Sound sowie ein natürliches Verhältnis aus Anschlagsgeräusch und Ausklang.
Diffusoren
Zur klanglichen Verfeinerung und auch, um dem Schlagzeugraum noch ein bisschen Lebendigkeit zu lassen, können zusätzlich auch noch Diffusoren verbaut werden. Anstatt Schallwellen zu schlucken und in Wärme umzuwandeln (wie es Absorber tun), sorgen sie für eine Streuung der Schallwellen und verhindern damit unangenehme Bündelungen der oberen Mitten und Höhen.
Nicht verschweigen möchten wir, dass solche Elemente gerade in der Summe ihren Preis haben. Für all diejenigen, die regelmäßig akustische Instrumente aufzeichnen möchten, empfiehlt sich die Investition in solche Maßnahmen aber unbedingt. Ein Vorteil des modularen Designs der HOFA Akustik Elemente ist, dass nicht alle Teile gleichzeitig gekauft werden müssen und auch nicht sollten. Speziell, wenn nicht die klangliche Neutralität eines Mixing- oder Mastering-Raumes erreicht werden muss, sondern ein angenehmer, inspirierender Tracking-Raum das Ziel ist. So bleibt Zeit, das Gehör an Veränderung zu gewöhnen und den Raum nach und nach zu optimieren.
Zusätzlich lohnt es sich, mit der Position des Schlagzeugs in Ihrem Raum zu experimentieren, um den „Sweet Spot“ zu finden, also jenen Punkt, an dem die aufgenommenen Resultate am besten klingen. Große Räume mit hohen Decken sind für Schlagzeugaufnahmen von Vorteil, je nach Klangvorstellung tut es aber auch ein kleinerer Raum. Die meisten von uns sind an ihre Räume gebunden, es gilt also, das Beste draus zu machen.
Trommel- und Beckenauswahl
Die wichtigsten perkussiven Elemente der meisten Tracks sind die Snare, die Bassdrum und die Hi-Hat. Etwas schwieriger wird es bei der Frage, welche genauen Modelle und Größen am besten passen. In Anbetracht der enormen Auswahl beschränken wir uns auf einen Tipp: Nehmen Sie zu Beginn, was vorhanden ist, denn aus nahezu allen funktionsfähigen Instrumenten lassen sich spannende Sounds generieren. Ist noch gar nichts vorhanden, wären die Favoriten eine 20 Zoll große Bassdrum, eine Snare in der Standardgröße 14x5 Zoll und eine Hi-Hat. In Sachen Becken empfehlen sich fürs Recording eher leisere, trockene Sounds. Gerade in kleineren Räumen können dicke „Bleche“ mit mehr Volumen und höherem Pitch zu einem Problem werden, denn ihr Sound überlagert dann schnell den Rest. Langes Ausklingen verträgt sich außerdem oft nicht mit stärkerer Kompression. Dazu im Mixteil später mehr. Viele Drummer verwenden heute Kits mit zwei bis drei Toms, was für die allermeisten Tracks auch ausreicht.
Große Schlagzeuge mit vielen Trommeln und Becken sehen natürlich cool aus, achten Sie jedoch eher darauf, nur das aufzubauen, was im jeweiligen Song benötigt wird. Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste ist klanglicher Natur, denn Schlaginstrumente neigen dazu, leise mitzuschwingen, auch wenn sie selbst gar nicht direkt angeschlagen werden. Braucht es also einen tighten Beat, der im Mix noch ordentlich komprimiert werden soll, würden Nebengeräusche die Arbeit deutlich erschweren. Der zweite Grund für die Reduktion auf das Wesentliche ist spielerischer Art. Was am Schlagzeug hängt, möchte man nämlich auch benutzen. Das führt allerdings oft dazu, dass der Beat hier und da um spielerische „Schnörkel“ ergänzt wird, die man später doch nicht drin haben möchte.
Tuning-Grundlagen und Soundhacks
Das Thema Schlagzeugstimmen beschäftigt Drummer oft mindestens so intensiv wie das eigentliche Spielen, denn Trommeln besitzen die Eigenschaft, eine ganze Kaskade von Obertönen zu produzieren, die nicht immer so klingen wie gewünscht. Mit jammerndem Ausklang, unkontrolliertem Geraschel des Snareteppichs und schlaff klingenden Bassdrums sehen sich die meisten irgendwann konfrontiert. Wir möchten Ihnen zwei gute Tuning-Ansätze vorstellen, die sich in vielen Situationen bewährt haben: So ziehen wir die Stimmschrauben auf der Resonanzfellseite der Snaredrum immer extrem fest an. Dieses Fell ist zwar sehr dünn, hält aber extreme Spannungen aus und kann seine Aufgabe so auch am besten wahrnehmen. Dazu gehört, den Klang der Snare nicht zu lang werden zu lassen und – ganz wichtig – dem Snareteppich eine möglichst konkrete Auflagefläche zu bieten.
Den Teppich selbst sollten Sie so einstellen, dass er beim Antippen der Schlagfells mit dem Finger anspricht und sich beim Spielen mit dem Stick ein konkreter, integrierter Raschelanteil ergibt. Ist er zu fest gespannt, klingt die Snaredrum hart und abgewürgt, zu lose justiert, trennt sich der Teppichsound vom Kesselton und raschelt zu lange nach. Das Schlagfell stimmen wir abhängig vom Song, soll es funkig-trocken zugehen, ziehen wir die Stimmschrauben fest an, für einen „nassen“ Disco- oder 70s-Sound bleibt das Fell sehr weich. Als Daumenregel für alle Felle am Set gilt jedoch, dass eine gleichmäßige Spannung an allen Stimmschrauben immer einen guten Ausgangspunkt darstellt.
Noch ein Tuning-Tipp
Der zweite Tuningtipp betrifft die Sustain-Kontrolle der Bassdrum. Ihre großen Fellflächen können gerade Einsteiger oft zur Verzweiflung treiben, denn es ist manchmal schwer, zu hören, welche Obertöne passen und welche nicht. Hier gilt: was spannend klingt, ist gut. Verwenden Sie zum Start ein Frontfell mit Loch, welches groß genug ist, um schnell Dämpfmaterial wie kleine Kissen oder Decken im Kessel zu platzieren. Am besten ist es, erstmal ein bisschen Dämpfung zu verwenden und ein Gefühl für den Klang der Trommel zu bekommen. Genauso wichtig wie der Ausklang der Bassdrum ist ihr Attack. Ein harter Bassdrumbeater, beispielsweise aus Holz oder Plastik, sorgt für mehr Kick und Punch, weiche Modelle aus Lammfell erzeugen einen soften, „boomigen“ Sound.
Kreatives Dämpfen und Modifizieren der Instrumente
Im Naturzustand erzeugt eine korrekt gestimmte Trommel ein Anschlagsgeräusch (Attack), gefolgt von einem mehr oder weniger lang anhaltenden Ausklang (Sustain oder Decay). Das Verhältnis beider Klanganteile bestimmt, ob eine Trommel eher trocken-perkussiv oder offen und tonal wahrgenommen wird. Letztere Charakteristik wird speziell in akustischen Musikstilen wie beispielsweise im Jazz geschätzt, in anderen Szenarien stellen länger klingende Trommeln jedoch ein Problem dar. Entweder, weil sie zu viel Raum in der Musik beanspruchen oder weil ihre Tonalität nicht zur Tonart des Tracks passt. In den letzten Jahren geht der Trend insgesamt in eine trockenere, kontrollierte Richtung, nicht zuletzt deshalb, weil sich solche Sounds wesentlich besser bearbeiten und in elektronisch dominierte Songkontexte einfügen lassen.
Neben den Trommeln und Becken verwenden wir ein großes Arsenal an Teilen, mit denen sich der Klang der Instrumente schnell verändern und anpassen lässt. Wir unterscheiden hierbei zwischen zwei Kategorien: Die eine ist die Dämpfung; hier geht es darum, die natürliche Fellschwingung so zu begrenzen, dass die Länge des Drumsounds zum Geschmack und/oder zum Song passt. Unser Drummer hat in den letzten zehn Jahren keine einzige Produktion gespielt, in der nicht zumindest ein bisschen Dämpfung zum Einsatz kam. Selbstverständlich gibt es viele fertige Produkte dazu im Fachhandel zu kaufen, wir greifen jedoch oft einfach auf weiche Stoffteile, Gaffatape oder ausgeschnittene, alte Felle zurück. Je größer die bedämpfte Fellfläche ausfällt, desto stärker wird der Ausklang begrenzt. Oft sind diese kurzen Klänge gleichzeitig die „mikrofonfreundlichsten“, denn sie liefern eine kurzen Impuls, der im Mix nach Belieben geformt werden kann. Außerdem bedeuten weniger Obertöne auch weniger Übersprechungen in andere Mikrofone.
Die zweite Kategorie von Dingen, die sich auf Trommelfellen platzieren lassen, nehmen einerseits Obertöne weg, addieren aber gleichzeitig Klangtexturen. Dazu zählen beispielweise Metallteile wie (Waschbecken-) Ketten, Schellen-Percussion aller Art, Schlüsselbünde, Schrauben und eigentlich alles, was sich auf der Fellfläche irgendwie unterbringen lässt.
Sehr effektiv: die Schlagwerkzeuge!
Schlagzeuge werden mit Sticks gespielt, im Jazz gibt es dann vielleicht noch Besen, die Klassiker benutzen Schlägel? Wer die Sache so sieht, beraubt sich einer enormen Palette möglicher Sounds, welche zudem sehr kostengünstig umzusetzen sind und gleichzeitig den Mix erleichtern. Speziell für diejenigen unter Ihnen, die sich ein kleines Arsenal eigener Oneshots anlegen möchten, ohne viel Geld in Trommeln zu investieren, lohnt sich das Experimentieren auf diesem Feld. Wie weiter oben schon ausgeführt, setzt sich der Klang von Trommeln aus dem Verhältnis von Anschlag und Ausklang zusammen. Harte Schlagwerkzeuge wie Sticks betonen den Attack, während weiche wie Mallets (Filz- oder Wollschlägel) das andere Ende des Spektrums abbilden und den Fokus auf das Sustain richten. Besen und sogenannte Rods (aus zusammengebündelten Holz- oder Kunststoffstäbchen) wiederum addieren einen luftigen Charakter, weil der Attack hier in viele Einzelereignisse aufgesplittet wird. Aber wer sagt, dass wir als kreative Soundbastler nur auf die Produkte im Musikladen angewiesen sind? Kunststoffrohre aus dem Baumarkt, Schneebesen (super auf Ridebecken), Kugelschreiber, Fliegenklatschen und viele Kuriositäten mehr lassen sich als Teil der Klangerzeugung einsetzen und führen oft zu großartig klingenden, einzigartigen Ergebnissen.
Das wichtigste beim Drum-Recording: Der Sound im Kopf!
Drumrecording sollte eine kreative Angelegenheit sein! Eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die wichtigste Voraussetzung für eine gelungene Aufnahme ist aber eine ungefähre Vorstellung davon, wie das Endergebnis klingen soll. Denn danach richten sich viele Schritte, die während des Prozesses unternommen werden. Wir möchten Sie daher durch eine Recordingsession begleiten, an deren Ende zwei Beats stehen: Einer mit offen klingender, druckvoller Bassdrum, hoher, trockener Snaredrum mit ein bisschen „Sizzle“ obenrum und eine kompakte, definiert klingende Hi-Hat stehen soll. Der zweite Beat ist gekennzeichnet durch eine ultrafette „Disco-style“ Snaredrum, eine kurze, Attack-lastige Bassdrum und eine etwas breitere, „knusprigere“ Hihat. Aufgelockert wird der Beat durch zwei trockengedämpfte Toms und ein sogenanntes Clap Stack aus gebogenen Becken, welches einen 808 Clap imitieren soll.
Soundcheck
Nachdem Sie das Schlagzeug mikrofoniert haben, geht es an den Soundcheck. Da wir nicht über einen Toningenieur oder getrennte Aufnahme- und Regieräume verfügen, gibt es zur akustischen Kontrolle zwei Möglichkeiten. Die eine besteht darin, etwas aufzunehmen, es anschließend abzuhören und eventuelle Justierungen an der Mikrofonposition vorzunehmen. Für die andere empfiehlt sich die Verwendung eines stark geschlossenen Kopfhörers, der nur wenig vom Gespielten hindurch lässt. Nun geht es ans Einstellen der Mikrofonpegel. Im Gegensatz zu früher, wo es wichtig war, den maximalen Pegel schon auf das Band zu bekommen, können wir heute in der digitalen Welt sehr zurückhaltend vorgehen. Digitales Clipping sollte unbedingt vermieden werden, zu „heiß“ eingepegelte Signale lassen außerdem kaum noch Lautstärkereserven bei der Bearbeitung. Ein guter Wert für alle Spuren sind daher ungefähr -16 bis -12 dB. Ihre (Interface-) Software gibt auch optisch meistens schon gute Anhaltspunkte. Laufen die Signale konstant in den roten Bereich, ist es Zeit, den Gain-Regler gegen den Uhrzeigersinn zu bewegen.
Der Mix – Schritt 1: „Aufräumen“ und Phasen checken
Nach der Aufnahme liegen uns die aufgenommen Spuren in ihrer Rohfassung vor, mit allem, was die verwendeten Mikrofone aufgezeichnet haben. Für einen druckvollen Schlagzeug-Mix kann das jedoch Probleme mit sich bringen, denn die Signale von mehr als einem Mikrofon können sich gegenseitig überlagern und/oder auslöschen. Die erste Amtshandlung für alle meine Mixe ist daher, in allen Spuren parametrische Equalizer (hat jede DAW) zu laden und per Low Cut und High Cut die nicht benötigten Frequenzanteile herauszufiltern. Auf der Snaredrum und den Overheads benötigen wir beispielsweise nur sehr selten Frequenzen unterhalb von 80 Hz, zumal dann, wenn die Toms über eigene Closemics verfügen, welche dann gegebenenfalls die Bässe beisteuern. Bei unseren beiden Beispiel-Beats habe ich beispielsweise ein Subkick-Mikro vor der Bassdrum verwendet, welches die Tiefbässe beisteuern soll. Damit sich die nicht mit dem Signal des Bassdrum-Hauptmikros in die Quere kommen, schneide ich beim Subkick per High-Cut alles über 200 Hz weg, das Hauptmikro bekommt einen Low Cut unterhalb von 70 Hz. Die exakten Frequenzen variieren natürlich in Abhängigkeit vom Tuning, Mikrofonen und Positionen, am Ende entscheiden jedoch immer Ihre Ohren. Feste Regeln kann es hier nicht geben.
Als Nächstes kommen wir zu einem sehr wichtigen Punkt, den viele Einsteiger nicht beachten und damit ihre Aufnahmen ruinieren. Die Rede ist von der Kontrolle der Phasenlagen. Trifft die Schallwelle beispielsweise der Snaredrum auf ein einziges Mikrofon, müssen wir uns keine Sorgen machen. Sind jedoch – wie beim Drumset – weitere Mikrofone für die Abbildung der Trommel zuständig, treffen die Schallwellen mit hoher Wahrscheinlichkeit zeitversetzt bei ihnen ein. In gut 50% der Fälle kommt es dann zur Auslöschung von Klanganteilen, was die Trommel dünn und hohl klingen lässt. Dassselbe gilt auch für die Toms und die Bassdrum. Wir würden daher behaupten, dass eines der wichtigsten Plugins der Phasenschalter ist. Um zu kontrollieren „was Phase ist“, sollten Sie alle Spuren gleichzeitig abhören und dann im Kanalzug der entsprechenden Trommel den Phasenumkehrschalter betätigen. Wird der Ton dicker und druckvoller, war die Phase gedreht und Sie haben das Problem erfolgreich behoben.
Nachdem Sie diese ersten Schritte umgesetzt haben, sollte das Ergebnis etwas fokussierter, druckvoller und transparenter klingen als die unbearbeitete Rohversion. Vielleicht auch etwas leiser (Sie haben schließlich Frequenzanteile entfernt).
Der Mix – Schritt 2: Grundlegender Mix und Panning
Bisher hören Sie Ihre Spuren in Mono, einige Instrumente kommen Ihnen vielleicht auch deutlich zu präsent vor. Daher geht es jetzt an die Verteilung der Spuren im Stereobild und einen grundlegenden Mix. Den größten Effekt hat das Panning der beiden Overhead-Mikros. Eine harte Rechts-Links-Verteilung öffnet den Klang zu den Seiten und sorgt für einen deutlichen Stereoeindruck. Ob Sie dabei die Drummer- oder Publikumsperspektive einnehmen, ist Geschmackssache. Sie sollten sich jedoch für eine Variante entscheiden, denn spätestens wenn Elemente wie die Toms hinzukommen, sollte das Bild kohärent sein. Traditionell werden die Hauptbestandteile des Beats wie die Snare und die Bassdrum in der Mitte belassen. Aber auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Erinnern wir uns jetzt für den Mix kurz an den Teil mit den Nah- und Distanzmikrofonen. Möchten Sie einen tighten, Trommel-fokussierten Gesamtklang mit mehr Attack, empfiehlt es sich, die Overhead-Fader etwas zurück zu nehmen. Soll das Set räumlicher und natürlicher klingen, hilft die Zurücknahme der Close-Mic-Signale. Ein häufiges Missverständnis ist die Vorstellung, dass alle Instrumente des Sets gleich laut gehört werden können. Das mag richtig sein, wenn es drum geht, das Gespielte an sich zu dokumentieren. Als kreative Vorlage taugt dieses Konzept jedoch nicht. Muss man die Hi-Hat immer hören oder geht der Track erst richtig auf, wenn man sie nur fühlt und stattdessen der Snare oder der Bassdrum maximaler Raum gegeben wird? Diese Entscheidungen sind sehr wichtig, Einsteiger sollten sich daher Zeit lassen, dafür ein Gespür zu bekommen.
Der Mix – Schritt 3: Kompression, Hall, Gates, Stereosumme
Der letzte Schritt im Mix macht oft am meisten Spaß, denn jetzt geht es ans „Aufpumpen“ und das Hinzufügen von Texturen, die das Ergebnis spannend und einzigartig machen. Ein hervorragendes Mittel dafür ist der Kompressor. Jede DAW kommt bereits mit einem entsprechenden Plug-in und wir empfehlen hier zum Einstieg tatsächlich Presets. Der Vorteil ist, dass sie sich sehr gut als Startpunkt eignen und Sie schnell hören und sehen können, welche Wirkung das Gerät entfaltet. Wir verwenden Kompressoren am Schlagzeug ganz grundsätzlich für zwei Dinge, nämlich die Verkürzung oder Verbreiterung eines (Einzel-) Sounds und für eine Angleichung der gespielten Schläge. Auf der Stereosumme kann ein Kompressor zudem wie eine Art „Klebstoff“ wirken, der alle Elemente zu einer Gesamtheit zusammenfügt. Standardkompressoren verfügen normalerweise über vier wichtige Regler. Der „Threshold“ (Schwellenwert) bestimmt, ab welcher Signallautstärke das Gerät die Arbeit aufnimmt. Anschließend wird über den „Attack“-Regler festgelegt, wie schnell es zupackt, während „Ratio“ besagt, wie stark die Kompression ausfällt. Über den „Release“-Knopf wird eingestellt, wann der Kompressor das Signal wieder „loslässt“. Sollten Sie noch keine Erfahrungen mit Kompressoren auf akustischen Drums haben, empfehle ich die besagten Presets als Hörvorlage. Sehr aufschlussreich für den Lernprozess ist auch die Prozedur, den Kompressor auf der Stereosumme mit Extremeinstellungen zu hören, beispielsweise mit einem „Room“-Preset. Spaß machen auch Kompressor-Plugins, deren Arbeitsweise auf wenigen Reglern zusammen gefasst ist und deren Sinn nicht das analytische Arbeiten ist, sondern eher intuitive Entscheidungen fördern. (Beispiel: Soundtoys Devil-Loc)
Bei der Kompression von Einzelspuren ist es wichtig, darauf zu achten, dass Übersprechungen nicht zu stark in den Vordergrund treten. Je nach Signalquelle können hier Gates helfen. Dazu hören Sie die betreffende Spur zunächst solo ab. Handelt es sich hier beispielsweise um einen konstant gespielten Snaredrum-Backbeat ohne leise Zusatznoten (Ghostnotes), kann ein Gate die Schläge isolieren und von Übersprechungen der Hi-Hats befreien. Anschließend können Sie mit Kompressoren ordentlich Gas geben, denn die wirken sich dann nur noch auf die gewünschten Klangereignisse (in diesem Fall die Snare) aus. Das Ergebnis kann zu sehr klaren, druckvollen Sounds führen. In den beiden Beispiel-Beats haben wir diese Technik jeweils bei beiden Snares und Bassdrums verwendet, um den leicht elektronischen Touch zu verstärken. Aber Vorsicht: Gates sollten im Endergebnis nicht offensichtlich hörbar sein, daher sollten Sie hier vorsichtig agieren. Auf Spuren mit länger ausklingenden Sounds wie zum Beispiel Becken, sorgen sie für einen abrupten Stopp des Ausklangs, was nur in sehr wenigen Fällen wirklich gut klingt.
Mit Hall-Plug-ins verhelfen Sie Ihren Signalen zu klanglicher Dimension. Je unterschiedlicher Sie ihre einzelnen Instrumente bearbeiten, desto artifizieller wird das Ergebnis klingen. Eine verhallte Snaredrum wird in Kombination mit staubtrockenen Toms eine eher elektronische Klangästhetik besitzen, schließlich ist es physikalisch schwer möglich, ein solches Klangverhalten in der Realität zu erzeugen. Legen Sie das Hall-Plug-in hingegen auf die Stereosumme, werden alle Instrumente in den denselben Raum „gestellt“, entsprechend natürlicher und realistischer wird Ihr Beat klingen. Hier gilt: Zuviel Hall lässt den Sound verschwimmen, es empfiehlt sich allgemein, diesen Effekt nur in gerade eben hörbaren Dosen zu verwenden.