Sind Playlists die neue Lösung fürs Musikerglück? Während man früher noch selbst bespielte Tapes an Fanzines schickte, um mit seiner Musik Gehör zu finden, funktioniert die Selbstpromotion in der digitalen Musikwelt von heute grundsätzlich anders, denn neben Postings über Social-Media-Kanäle, Youtube-Videos, E-Mail-Newsletter oder dem Akquirieren von Blog- und Webzine-Beiträgen sind es vor allem die Editorial-Playlisten auf Spotify und Co., die das Erreichen einer großen Fangemeinde verheißen.
Doch ist die Selbstvermarktung durch die neuen Möglichkeiten wirklich leichter geworden? Vermutlich nicht, schließlich ist das Überangebot riesig und viele Artists bleiben in der Flut kaum gehört. Alleine auf Spotify, so heißt es, werden jeden Tag (!) 100.000 neue Songs hochgeladen. Doch es gibt ein paar Tricks, um dem eigenen Glück auf die Sprünge zu helfen. Zum Beispiel eigene Songs für Playlisten zu pitchen. Wir haben mit Sven Seibert von AAA Solutions darüber gesprochen, was du zu dem Thema wissen solltest...
Sven Seibert arbeitet seit 2012 bei der Firma AAA Media Solutions GmbH & Co. KG. Er ist selbst Musiker und hat eine kaufmännische Ausbildung absolviert und ist so direkt in der Musikindustrie gelandet. Bei AAA betreut er vor allem den Digital-Vetrieb, den er selbst mit aufgebaut hat, und ist somit für das Thema Playlisten-Pitchings der ideale Ansprechpartner, sodass wir unsere brennenden Fragen zu dem Thema stellten.
Beat / Es scheint, die großen Playlisten sind heute das, was früher Musikvideos bei MTV waren. Sie generieren enorme Reichweiten. Wie wichtig sind Playlisten aus deiner Sicht heute, um Musik bekannt zu machen?
Sven Seibert / Meiner Meinung nach haben diese aktuell einen riesigen Einfluss auf die Reichweite von Musik und der Vergleich ist hier sicherlich angebracht. Neben den Playlists hat man noch die Social-Media-Kanäle und die Plattformen selbst, welche mit Algorithmen arbeiten. In Bezug auf das Thema Pitching haben wir also zwei Themenblöcke, denn neben den Playlists dient das Pitching z.B. bei Spotify auch dem Ansprechen der Algorithmen. Man denke nur an den Release Radar bei Spotify.
Beat / Wie pitcht man einen Track bei Spotify, um in eine der reichweitenstarken Playlisten zu kommen?
Sven Seibert / Bei Spotify ist das relativ einfach. Es gibt hier für Künstler die Möglichkeit, ein eigenes Künstlerprofil zu beanspruchen. Das läuft über artists.spotify.com. Ist dieser Schritt abgeschlossen und das Konto verifiziert, hat man dort neben den Statistiken die Möglichkeit, seine kommenden Veröffentlichungen zu pitchen, d.h. sie einer Redaktion vorzuschlagen. Mit einem guten Song, einem guten Text, etwas Glück und im Idealfall einer Strategie hat man dann die Möglichkeit einen dieser begehrten Plätze zu erhaschen.
Beat / Was macht aus deiner Sicht ein Pitching erfolgsversprechend? Welche Fehler sollte man vermeiden, wenn man einen Track pitcht?
Sven Seibert / Es gibt verschiedene Faktoren, die die Chancen erhöhen können. Vorab muss ich jedoch erwähnen, dass die Redaktionen bei den Plattformen natürlich Unmengen an Pitches erhalten. Es gibt also leider kein garantiertes Erfolgskonzept. Als Erstes würde ich darauf achten, dass hier genug Vorlauf vorhanden ist, also die Veröffentlichung im Idealfall ca. drei Wochen vor Release Date schon bei den Plattformen ist. Je nach Shop oder Streaming-Anbieter sind hier die Bearbeitungszeiten unterschiedlich. Das ist der häufigste Fehler, den Bands machen, denn sie möchten natürlich schnell ihre Fans mit ihrer Musik beglücken. Verständlicherweise.
Der nächste wichtige Punkt ist, je nachdem, ob es sich um ein Album oder eine Single handelt, dass man sich eine Strategie überlegt. Der Pressetext sollte knackig sein, sollte also kurz die Band oder Musik umreißen und sollte im Idealfall so klingen, dass eine Redaktion diesen direkt per Copy & Paste verwenden kann. Verwendet hier ruhig die vorgegebenen 500 Zeichen. Da auf der anderen Seite auch Menschen arbeiten, ist es natürlich toll, wenn man die Texte mundgerecht serviert. Es macht bei Spotify zum Beispiel auch Sinn, direkt Playlisten zu referenzieren, welche für die Musik passen würden.
Beat / Nun ist es so, dass man bei Spotify nur einen Track vor dem Release pitchen kann. Das heißt, wenn ein Album zehn Tracks enthält, werden neun Stücke nicht für Playlisten in Betracht gezogen. Empfiehlst du daher eine Release-Taktik mit mehreren Vorab-Singles?
Sven Seibert / Genau, das würde ich jeder Band empfehlen. Erstens lohnt es sich für die Pitchings, zweitens kann man das auch gut in einen Marketingplan einbinden, bei dem man vor Albumveröffentlichung versucht Aufmerksamkeit zu generieren. Hier muss man auf den Vorlauf achten, also zwischen jeder Single und auch zur Albumveröffentlichung sollte genug Zeit vorhanden sein, damit der Pitch dann auch Sinn macht. Wenn man ein Album also fertiggestellt hat, heißt das auch gleichzeitig, mit etwas Geduld und guter Planung an die Sache ranzugehen.
Der Pressetext sollte knackig sein, sollte also kurz die Band oder Musik umreißen und sollte im Idealfall so klingen, dass eine Redaktion diesen direkt per Copy & Paste verwenden kann.
Beat / Ihr bietet bei AAA Media Solutions auch Pitchings an, die jedoch umfassender sind. Was könnt ihr Künstlern durch euren Dienst an Mehrwert bieten? Und was muss man tun, um euren Service in Anspruch nehmen zu können?
Sven Seibert / Ich denke, ein großer Faktor ist bei uns der Service und die direkte Absprache mit unseren Künstlern. Mit der Beratung versuchen wir natürlich eine Win Win-Situation für beide Parteien herauszuholen. Da unser Geschäftsmodell auf einem Share, also einer Erlösteilung basiert, freuen wir uns über Releases, die gut angenommen werden und viele Streams oder Downloads erzielen. Die Pitchings, die wir anbieten, inkludieren auch andere Plattformen wie Apple Music, Deezer, YouTube, SoundCloud oder Tidal. Wenn man hier also mehrere Plattformen bemustern möchte, bieten wir die Möglichkeit.
Beat / Nicht zu vergessen die Möglichkeit, dass man die Kuratoren der Millionen von privaten Playlisten über eigene Recherchen ausfindig macht und sie anschreibt – vorausgesetzt die eigene Musik passt ins Beuteschema – oder Dienste wie Daily Playlists oder SubmitHub in Anspruch nimmt. Doch wirklich große Reichweite bieten vor allem die redaktionellen Playlisten von Spotify. Gibt es außerhalb von Spotify denn noch Möglichkeiten, dass man selbst einen Track pitchen kann?
Sven Seibert / Neben Spotify gibt es mittlerweile auch bei Amazon die Möglichkeit ein Künstlerprofil zu eröffnen und zu pitchen. Meiner Einschätzung nach wird es in näherer Zukunft auch bei Apple Music und Deezer diese Möglichkeit geben, denn dort kann man sich ja mittlerweile auch Künstlerprofile erstellen.
Beat / Wenn man nach dem Thema googelt, begegnen einem unzählige Verlockungen von Anbietern, die Versprechungen machen bezüglich Playlisten-Platzierungen. Was ist davon zu halten?
Sven Seibert / Schwieriges Thema. Hier habe ich sowohl negative als auch positive Erfahrungsberichte. Wenn es um diese Frage geht, überlasse ich die Entscheidung meinen Künstlern. Ich weise darauf hin, dass man sich die Anbieter und auch die Playlists ganz genau angucken soll, bevor man hier zuschlägt. Es gibt hier definitiv Potential sich über eine Plattform, welche Playlistplatzierung anbietet, in eine gut laufende Playlist „zu kaufen“, aber wie überall im Leben, gibt es hier auch schwarze Schafe.
Beat / Danke für das Gespräch.