In Ergänzung zum Circuit Tracks konzentriert sich Circuit Rhythm von Novation allein auf Samples und kann dafür direkt den Audioeingang aufnehmen.
Vor gut einem halben Jahr hatten wir die kleine Groovebox Circuit Tracks im Test, jetzt ist auch der Circuit Rhythm verfügbar und bei uns im Studio zu einem mehrwöchigen Test vorstellig geworden.
Unterschiede zum Tracks
Äußerlich unterscheiden sich beide Geräte lediglich in der Farbe, statt in schwarz kommt der Rhythm in betongrau daher. Intern gestaltet sich die Aufteilung dahingehend, dass der Tracks den Schwerpunkt auf Synthesizersounds setzt, während der Rhythm für die Beats zuständig sein soll. Daher fehlen beim Rhythm die beiden polyphonen Synthesizerspuren sowie die zwei weiteren MIDI-Tracks zum Ansteuern externer Klangerzeuger. Dafür wurden die Drum-Tracks verdoppelt, statt vier bietet Rhythm acht dieser sample-basierten Spuren. Der entscheidende Unterschied ist, dass Circuit Rhythm über die Audioeingänge direkt Samples am Gerät aufnehmen kann, während Tracks auf den Import per Computer und USB angewiesen ist. Die maximal zur Verfügung stehende Sampling-Zeit wurde zudem um gut 24 Sekunden auf insgesamt 220 Sekunden erhöht.
... und Gemeinsamkeiten
Ansonsten besitzt der Rhythm wie der Tracks einen internen Akku sowie DIN-MIDI-Anschlüsse, zwei Audioeingängen sowie einen analogen Sync-Ausgang. Presets, Samples und Projekte lassen sich auf MicroSD speichern und austauschen, Sequenzer und Effekte wurden gegenüber der ersten Circuit-Generation sinnvoll ausgebaut. Mit 32 mehrfarbigen, anschlagdynamischen Pads lassen sich Rhythmen oder monophone Sequenzen entweder einspielen oder programmieren. Als weitere Bedienelemente sind acht Endlos-Drehregler für Klangparameter und Effekte des gewählten Tracks sowie zwei Potis für die globalen Parameter Lautstärke und Masterfilter (Hoch- und Tiefapass kombiniert, mit Mittenrasterung) vorhanden, dazu gesellen sich insgesamt 28 hintergrundbeleuchtete Taster.
Circuit-Philosophie
Mit Novations Circuit-Serie soll man in wenigen Minuten elektronische Musik produzieren können, und auch Circuit Rhythm teilt dieses Konzept. Ein Display gibt es nicht, die wichtigsten Klangerzeugungs- und Sequenzer-Parameter stehen im direkten Zugriff zur Verfügung und werden nach Gehör bedient. Für tiefergehende Editierung sowie Sound-Austausch gibt es die kostenlose Components-Software als Standalone-Installation oder Browser-Software.
Kompakt und robust
Das leicht angeschrägte Gehäuse ist aus solidem Plastik, mit abgewinkelten Seiten und Rundungen für angenehme Griffigkeit. Abmessungen und Gewicht entsprechen dem Tracks, mit 240 x 200 x 30 mm und nur 760 Gramm ist Rhythm äußerst portabel. Die robusten Potis sind mit dem Gehäuse verschraubt und damit auch für den raueren Einsatz auf Bühne oder unterwegs geeignet, die gummierten Kappen fassen sich gut an. Die mehrfarbig beleuchteten Pads bieten die bekannte und bewährte gute Haptik, für exzessives Fingerdrumming sind sie aber zu klein.
Drei MIDI-Buchsen (IN/OUT/THRU) im klassischen DIN-Format ersparen das Hantieren mit Adaptern wie bei anderen kompakten und günstigen Geräten. Auch die Audioausgänge sind als ein Paar vollwertiger 6,3mm-Klinkenbuchsen in voller Größe vorhanden.
Etwas schwache Beleuchtung
Eine mehrfarbige LED unterhalb der Endlosregler zeigt über die Helligkeit den aktuell eingestellten Wert des Parameters an. Das funktioniert in der Praxis recht gut, in manchen Fällen hätten wir uns aber eine eindeutigere Anzeige für den Mittel- bzw. Nullwert gewünscht. Auch die Taster sind beleuchtet, allerdings scheint hier die Farbe nur durch die Schrift der ansonsten schwarzen Taster hindurch. Das sieht zwar schick aus, bei schwierigen Lichtverhältnissen auf der Bühne oder bei Sonnenlicht ist der Status aber schwerer zu erkennen.
Sampler statt Sample-Player!
Wie beim Tracks gibt es zwei Audioeingänge. Im Gegensatz zum Tracks lassen sich hiermit aber nicht nur externe Klangerzeuger einschleifen, sondern auch aufnehmen und als Samples oder Loops auf den Spuren nutzen. Die Aufnahme beginnt direkt auf Tastendruck oder automatisch bei Erreichen eines konfigurierbaren Lautstärke-Schwellenwertes. Passend dazu gibt es einen analogen Clock-Ausgang, um Drumcomputer oder andere Klangerzeuger mit dem Sequenzer des Circuit zu synchronisieren. Ein einzelnes Sample kann maximal 32 Sekunden lang sein, die Pads zeigen bei der Aufnahme die verbrauchte und noch zur Verfügung stehende Zeit grob an.
Alternativ zur direktem Aufnahme bekommen Sie eigene Samples über die Components-Software und die SD-Karte in die Groovebox.
Nachbearbeitung
Samples lassen sich rudimentär nachbearbeiten. Sie können den Startpunkt und die Länge anpassen, was mangels Display aber allein nach Gehör erfolgen muss. Das funktioniert in der Praxis recht gut, da sich per Shift-Taste zwischen grober und feiner Werteinstellung umschalten lässt. Weitere anpassbare und auch automatisierbare Parameter sind eine 1-Knopf-Hüllkurve für den Lautstärkeverlauf, Distortion-Effekt, ein Hochpassfilter (um z. B. die Bassdrum aus einer Loop zu entfernen) und ein Tiefpassfilter mit Resonanz.
Slicing
Samples lassen sich auch slicen, also in Einzelteile zerlegen. Das kann rhythmisch per einstellbarem Teiler (z. B. 1/8 oder ¼) erfolgen, was aber natürlich nur bei Material im korrektem Projekt-Tempo gut funktioniert. Alternativ können Sie die Slices auch live beim Abspielen des Samples setzen. Eine Aufteilung nach Transienten würden wir auch noch gerne sehen, ebenso Timestretching zum Anpassen von Loops in anderem Tempo.
Nur Mono-Samples
Größter Wermutstropfen bei der an sich sehr willkommenen Sampling-Funktion ist, dass Rhythm trotz zweier Audioeingänge intern nur Mono-Samples verarbeiten kann. Linker und rechter Kanal werden bei Anschluss einer Stereoquelle zusammengemischt. Das können zwar auch deutlich teurere Geräte wie der Elektron Digitakt oder Analog Rytm nicht besser und man kann argumentieren, dass für Drums in der Regel Mono-Samples ausreichen. Aber bei einer Groovebox mit nur eingeschränkten individuellen Effekten pro Spur wäre es auch schön, wenn man beispielsweise eine Snare direkt mit breitem Stereo-Hall aufnehmen oder eine Stereo-Loop abspielen könnte.
Interner Akku statt Batterien
Circuit Rhythm besitzt einen eingebauten Akku mit einer Laufzeit von gut 4 Stunden. Vorteil dieser Lösung ist die direkte Integration und Lademöglichkeit, Nachteil ist der schwierigere Austausch bei Defekt oder nachlassender Leistung.
Bei der Verbindung mit dem Computer über den USB-C-Anschluss übernimmt dieser die Stromversorgung, oder Sie nutzen ein externes Netzteil. Zieht man versehentlich den Stecker oder fällt Strom auf der Bühne aus, schaltet Circuit Tracks verlustlos auf den Akku um. Diese eingebaute Notstromversorgung gibt zusätzliche Sicherheit im Live-Einsatz.
Send- und Mastereffekte
Die Delay- und Halleffekte sowie die Filter kennt man aus den anderen Circuit-Produkten: Sie sind für den Einsatzzweck ausreichend, aber für die endgültige Studioproduktion wird man im Endeffekt wohl doch auf andere Effekte zurückgreifen.
Nützlich für die Erzeugung fetter Beats ist der Master-Kompressor, der Circuit etwas druckvoller und dynamischer klingen lässt. Mindestens ebenso wichtig für modernen Sound ist die neue Sidechain-Option, um Bässe und Flächen pumpen zu lassen und Platz für die Kick zu schaffen. Im Gegensatz zum Tracks funktioniert das leider nicht mit externen Audiosignalen, auch Reverb und Delay stehen dafür nicht zur Verfügung. Die eingebauten Lautsprecher der frühen Circuit-Modelle haben wir ebenfalls ein wenig vermisst.
Performance-Effekte
Rhythm verfügt auch über Performance-Effekte wie Beat-Repeat, Gater, Vinyl, Filter oder Reverse. Bis zu 16 dieser temposynchronen Grid-Effekte lassen sich nach eigenen Vorstellungen zusammenstellen und bei der Live-Performance direkt über die Pads abfeuern, um das Pattern aufzulockern und ein Fill zu erzeugen oder einen Drop vorzubereiten. Diese Performance-Effekte funktionieren übrigens auch mit externen Audiosignalen, die in den Rhythm eingeschleift werden.
Sequenzer mit 32 Schritten
Der Sequenzer entspricht im Prinzip den anderen Circuit-Modellen. Ein Pattern umfasst bis zu 32 Steps und lässt sich mit diversen Funktionen auflockern, um auch bei 16 oder 32 Schritten nicht zu statisch und langweilig zu wirken. Mit der von Elektron-Maschinen inspirierten Probability-Option stellen Sie für jeden Step eine prozentuale Wahrscheinlichkeit ein, das er bei einem Durchlauf der Sequenz abgespielt wird. Bei 100% triggert der Step immer, bei 50% gibt es eine 1:1 Chance. Verschiedene Abspielrichtungen wie Ping-Pong oder Random dienen ebenfalls der Auflockerung, mit den MicroSteps bringen Sie mehr Groove in streng quantisierte Beats oder erzeugen Ratchets und andere rhythmische Spielereien.
Mit der Mutate-Funktion wirbeln Sie das gesamte Pattern gezielt durcheinander. Die grundlegenden Tonhöhen bleiben dabei aber erhalten, sodass es nicht zu disharmonischen Zufallsergebnissen kommt.
Sample-Flip
Dank Sample-Flip können Sie mehrere verschiedene Samples auf einer Spur benutzen und z. B. offene und geschlossene HiHat oder Kick und Snare auf einer Spur kombinieren. Das ermöglicht deutlich komplexere Beats, als man es bei acht Spuren vermuten würde. Theoretisch können Sie für jeden Step ein anderes Sample wählen. Nur gleichzeitig können die Samples auf einer Spur nicht getriggert werden, da die Spuren streng monophon sind. Samples lassen sich auch chromatisch spielen, um einstimmige Basslinien oder Melodien zu erzeugen. Die Pads lassen sich zum Einspielen als Keyboard mit 1 oder 2 Oktaven nutzen. Für mehrstimmige Sounds müssten direkt die passenden Akkorde gesampelt oder mehrere Spuren kombiniert werden, was dann aber etwas Gehirnschmalz erfordert.
Pattern-Kombination
Für jede der acht Spuren stehen jeweils bis zu 8 Pattern zur Auswahl, die sich im View-Lock ähnlich wie in Abletons Session View mit Push über die Pads intuitiv kombinieren lassen – inklusive Pattern-Chaining! Bis zu acht Pattern lassen sich bei Rhythm aneinanderketten, was Chains mit bis zu 256 Steps ermöglicht. Die ausgewählte Pattern-Kombination können Sie dann als Scene abspeichern. Im Mixer-Modus schalten Sie über die unteren beiden Pad-Reihen zwischen verschiedenen Scenes um und können so den Ablauf kompletter Songs vorbereiten.
Circuit Rhythm ist mehr als nur der passende Rhythmusgeber zum Circuit Tracks, sondern kann je nach Anwendungsgebiet sogar die bessere Alternative darstellen. Wesentlicher Unterschied ist der Verzicht auf die polyphone, aber etwas altbackene VA-Klangerzeugung zu Gunsten des direkten Samplings am Gerät: Einfach einen kleinen Synthesizer oder ein Smartphone an die Eingänge hängen, eigene Samples und Loops erstellen und im Pattern-View zu kompletten Grooves zusammenstellen und mit den Performance-Effekten aufhübschen! Das macht Spaß und ist überraschend flexibel - auch wenn die Einschränkung auf Mono-Aufnahmen bedauerlich ist.
Circuit Rhythm ist in der Gesamtheit mehr als nur ein sample-basierter Drumcomputer, sondern eine einsteigerfreundliche Standalone-Groovebox, die sich mit kompakter und robuster Bauweise sowie integriertem Akku für Reisen, Jams und Live-Performance empfiehlt.
- direktes Sampling
- intuitives Bedienkonzept
- flexibler Sequenzer
- Patternkombination
- Sidechain/Kompressor
- Performance-FX
- kompakt und robust
- Akku-Betrieb
- Mono-Samples
- kein Time-Stretching