Vor ein paar Monaten tauchte es beinah wie aus dem Nichts auf, als Bitwig und u-he das gemeinsam entwickelte Format CLAP präsentierten. Bessere Performance, Per-Note-Automation, Open-Source, Support von MIDI 2.0 und weitere Features klingen doch spontan nach lang ersehnten Wünschen für User und Entwickler. Was steckt noch dahinter, wie profitiert dein Sound von CLAP und wo beschleunigt das Format deinen Workflow? Wir unterhalten uns mit David Schornsheim, Software Developer bei u-he.
Beat / Moin David, das das CLAP-Format existiert unseres Wissens schon seit 2021, kam aber erst „kürzlich” so wirklich offiziell ans Tageslicht – mit einem Bitwig Update und dem Support eurer u-he Plug-ins. Was genau hat es mit dem Format auf sich?
David / Bisher haben ausschließlich große Firmen wie Apple, Avid oder Steinberg vorgegeben, was Plug-ins können dürfen und wer sie überhaupt machen darf. Dies brachte in der Vergangenheit nicht nur uns, sondern auch befreundete Entwickler in schwierige Situationen. Daher wollten wir einen Plug-in-Standard haben, der offen und frei ist, woraus sich CLAP entwickelt hat.
Niemand kann einem das Recht entziehen, CLAP-Plug-ins zu entwickeln oder vorschreiben, ob CLAP-Plug-ins MIDI-Nachrichten ausgeben dürfen.
Beat / Wie wirkt sich das Format auf die Performance von Plug-ins aus?
David / Da gibt es tatsächlich potenzielle Verbesserungen: CLAP-Plug-ins, welche die Erweiterung „Thread Pool“ nutzen, können ihre Threads in Absprache mit dem Host erstellen. Im Gegensatz zu anderen Plug-in-Standards verhindert das koordinierte Vorgehen größere Schwankungen im Rechenbedarf, was zu einer gleichmäßigeren Auslastung der CPU führt. In unseren Tests mit Diva konnten wir so 30% mehr Stimmen erreichen als in anderen Formaten.
Beat / Wer ist letztlich alles involviert bei der Entwicklung?
David / Von Beginn an involviert waren natürlich Bitwig und u-he, weil wir gemerkt haben, dass wir ein freies Format brauchen. Heute arbeiten an CLAP hauptsächlich verschiedene einzelne Entwickler, da es sich um ein Open-Source-Projekt handelt.
Beat / Welche DAWs und Hersteller unterstützen CLAP aktuell? Und wer kommt noch?
David/ Neben Bitwig und u-he wird CLAP auch von FL Studio, FabFilter und REAPER unterstützt. Allerdings ist das Interesse an CLAP in der Industrie – wir reden ja alle miteinander – wirklich gewaltig. Offizielles Interesse bekundet haben bereits PreSonus (Studio One) und Avid (ProTools, Sibelius). Sogar Epic Games, die Entwickler der Unreal Engine und Fortnite, haben in einem Talk bekannt gegeben, dass sie CLAP in die Unreal Engine einbauen wollen.
Beat / Kannst du eine reeles Problem beschreiben, das sich nur mit dem CLAP-Format lösen lässt?
David / Die Art und Weise, in der VST2 Plug-ins die letzten Jahre über vom Markt verschwunden sind, wird sich mit CLAP nicht wiederholen können, denn das Format kann niemandem weggenommen werden.
Besonders spannend ist die Möglichkeit, Parameter non-destruktiv zu modulieren. Normalerweise bewegt sich ein automatisierter Parameter sklavisch den Automationsdaten des Projekts hinterher. Bei CLAP hingegen kann man neben der Automation auch einen LFO und eine Hüllkurve auf einen Parameter des Plug-ins anwenden und nach wie vor den modulierten Regler im Plug-in nachjustieren. Und das Ganze geht sogar polyphon, wenn der Host dafür Möglichkeiten anbietet.
Wenn CLAP in Game Engines unterstützt wird, kann man seine Kompositionen erst mit CLAP-Plug-ins in der DAW entwickeln und dann im Spiel zur Laufzeit berechnen und ans Spiel anpassen. Natürlich ermöglicht das auch prozedurales Sound Design mit den Tools, die man schon besitzt und kennt.
Beat / Unterstützt CLAP den Austausch von Plug-in-Instanzen untereinander, wie zuletzt bei den aktuellen Moog-Plug-ins zu sehen, die sich gegenseitig modulieren können?
David / Das ist natürlich auch mit CLAP möglich. Im Idealfall legt ein Plug-in-Format dem Entwickler hier keine Steine in den Weg.
Beat / Kommt CLAP auch zu iOS und Android? Oder vielleicht Crossover, sodass DAW und Smartphone direkt kommunizieren können?
David / Einer der Entwickler der beiden Betriebssysteme denkt tatsächlich drüber nach, das Format auf seiner Plattform einzuführen.
Beat / Wie geht’s weiter, was kommt beim nächsten CLAP-Update?
David / Wir arbeiten an neuen Erweiterungen für CLAP, die dann auch in unseren Plug-ins implementiert werden. In Arbeit ist z. B. eine Möglichkeit für die Verwaltung von Plug-in-Daten wie Samples über die DAW bzw. das Projekt. Daneben wird auch an der Kommunikation für alternative Stimmungen, Triggern und Transportsteuerung gearbeitet.