Seit ihrem Erscheinen hat die Motif-Serie eine große Fangemeinde gewonnen. Und endlich hat Yamaha einen Neuen am Start, der mit beeindruckenden Eckdaten aufwartet. Hat sich das Warten gelohnt?Yamaha blickt mit der Motif-Serie auf eine lange Ahnenreihe erfolgreicher Workstations zurück. Unabhängig von Einsatzgebiet und Stilrichtung werden die Geräte weltweit sowohl auf der Bühne als auch im Studio genutzt. Entsprechend groß sind die Erwartungen an den neuen Motif XF. Kann er dem Druck standhalten?
Mit den XF-Workstations hat Yamaha dem silbrig-hellen Erscheinungsbild vergangener Motifs abgeschworen. Schwarz dominiert, lediglich von Schriftzügen, LEDs und dem neuen Farb-LCD-Bildschirm durchbrochen. Die Oberfläche ist von Knöpfen, Drehreglern, Fadern und anderen Bedienelementen übersät. Dank durchdachter Gruppierung geht der Überblick aber dennoch nie verloren.
Rückseitig bietet der Synth vier Line-Aus- und zwei Eingänge, einen Kopfhöreranschluss sowie vier Schweller-, Dämpfer- und Fußschalterbuchsen. Die digitale Kommunikation übernehmen MIDI-Trio, S/P-DIF-Cinch und eine USB- sowie eine Ethernet-Schnittstelle. Letztere ermöglichen den Zugriff auf externe Speichermedien und Netzwerke. Die Einbindung in DAWs ist dank Editor-Plug-in im VST-Format ebenfalls möglich.
Eine wichtige Neuerung im XF ist das bereits eingebaute 128-MB-Sample-RAM sowie die Option, per Flash-Memory-Expansion-Modul einen nicht flüchtigen Wave-Speicher von bis zu 2 GB hinzuzufügen. Auch Funktionen zum direkten Aufnehmen von Songs in CD-Qualität und dem Abspielen von WAV- und AIFF-Dateien wurden ergänzt.
Der Motif XF wird in drei Größen ausgeliefert: Die kleineren Versionen umfassen 61 (XF6) beziehungsweise 76 (XF7) Tasten in Form eines Aftertouch-fähigen FSX-Keyboards. Der große XF8 bietet 88 Tasten mit Hammermechanik. Sowohl Komponentenauswahl als auch Verarbeitung hinterlassen einen sehr wertigen Eindruck, lediglich die Fader, die zwar tadellos funktionieren, wirken weniger stabil und sollten im Livealltag vorsichtig behandelt werden.
Innere Werte
Alle Motifs sind mit 741 MB Wellenformmaterial gefüllt, bieten also mehr als doppelt so viele Klangressourcen wie das Vorgängermodell, der Motif XS. Die Erweiterungen umfassen sowohl akustische und synthetische Sounds als auch Schlagwerk. Für ein besseres Spielgefühl und natürliche Spielweisen wurde das XA-System (Expanded Articulation System) eingeführt, welches Legato- und Staccatopassagen realistischer gestaltet. Weiterhin wurden spezielle Key-Off-Sounds implementiert, die beim Loslassen der Taste zum Einsatz kommen.
Die Klangerzeugung erlaubt das Kombinieren von bis zu acht Elementen. Jedes dieser Elemente besteht aus Oszillator-, Tonhöhen-, Filter- und Verstärkersektion. In puncto Tönhöhe werden neben der Stimmung des Gerätes auch Keytracking sowie tastenspezifische Optionen zum Überblenden und Alternieren von Sounds geboten. Die Filtersektion umfasst eine Auswahl von 18 Filtertypen. Eine Hüllkurve dient der Modulation. Diese weicht jedoch mit den Parametern Hold, Attack, Decay 1, Decay 2 und Release vom üblichen ADSR-Modell ab. Eine weitere Hüllkurve, ebenfalls nach HADDR-Prinzip, findet sich in der Verstärkersektion. Als zusätzliche Modulationsquelle ist ein LFO an Bord, dessen Funktionsumfang jedoch relativ einfach ausgelegt ist. Womit wir gleich bei einem der wenigen Kritikpunkt am Motif XF wären, denn aufwendige Modulationsketten sind mit dem Gerät nicht möglich. Lediglich die gängigsten Parameter können von Hüllkurven und LFO angesteuert werden, was Klangbastlern schnell aufstoßen dürfte.
Nimm’s auf!
Das Klangrepertoire des XF kann dank Sampling-Funktionen beliebig erweitert werden. Mittels USB-, Ethernet- oder der optionalen Firewire-Schnittstelle lassen sich blitzschnell neue Sounds in das Gerät pumpen. In guter Hardwaretradition kann Klangmaterial aber auch direkt am Gerät aufgenommen werden. Dank großzügiger Pegelmöglichkeit und übersichtlicher Bearbeitung am großen LCD-Bildschirm ein wahres Vergnügen!
An die Effekte!
Die Veredelung von Sounds übernimmt die überarbeitete Effektsektion. Diese bietet neben separaten Reverb- und Choruseffekten bis zu acht Insertwege, die jeweils zwei Effekte fassen. Mit Verstärkersimulationen, Verzerrern, Dynamik- und Modulationseffekten sowie Vocoder wird eine breite Palette geboten, Klänge nach belieben zu verbiegen. Equalizer stehen für einzelne Elemente, komplette Klänge als auch in der Master-FX-Sektion bereit. Diese beherbergt zusätzlich einen Multibandkompressor, der speziell im Live-Einsatz eine große Hilfe ist.
Der eigene Song
Sind alle Sounds fertig geschraubt, können sie im Performance-Modus geschichtet und auf MIDI-Kanäle sowie Tastaturbereiche aufgeteilt werden. Anschließend steht dem Komponieren nichts mehr im Weg, was im Motif XF mithilfe eines Sequenzers mit Pattern- und Songmodus erfolgt. Auf wenigen Menüseiten schafft Yamaha hierfür eine vorbildliche Übersicht, mit der auch Hardwaremuffel schnell ans Ziel gelangen. Im Test hat besonders der Patternmodus begeistert, der zum Jammen geradezu einlädt. Ein Mixing-Modus erlaubt anschließend chirurgische Einstellungen beim Mixdown der Spuren. Weitere Modi umfassen Voreinstellungen und Templates für Projekte, das Gesamtsystem sowie die Verwaltung von Daten.
Große Hilfe
Wer bisher wenig Übung im Umgang mit Tasteninstrumenten hat, kann auf die umfangreichen Arpeggiatorfunktionen zurückgreifen. Insgesamt 7881 Spielmuster stehen bereit, musikalische Ideen ordentlich aufzupeppen. Das Repertoire reicht von klassischen über technoide bis hin zu rockigen Phrasen. Der richtige Rhythmus ist dank einer Vielzahl an Drumsequenzen ebenfalls schnell gefunden. Im Test stachen besonders die Nachbildungen analoger Sequenzer heraus. Nie hat eine digitale TB-303 schöner gezwitschert.
Spielvergnügen
Nach dem Einschalten des XF7 erstrahlt zunächst das Display, während das Gerät selbst hochfährt. Der langwierige Startvorgang, der eher an das Booten eines Computers als an das Einschalten eines Musikinstruments erinnert, ist der komplexen Technik geschuldet. Nach dem Hochfahren springt das Display in die Presetanzeige, der Motif ist nun einsatzbereit.
Bereits das Anspielen des ersten Sounds unterstreicht den Qualitätsanspruch des Gerätes. Absolut kompromisslos, sowohl in Klangqualität als auch Performance! Und so fand sich der Autor nach 15 Minuten noch immer beim ersten Preset. Zu groß war der Spaß, mit Arpeggiator und Drehreglern den Sound zu verbiegen.
Besondere Aufmerksamkeit verdient das Filter, das absolut sanft und trotzdem sehr bestimmt ins Klanggeschehen eingreift. Digital muss also doch nicht kühl und dünn bedeuten. Bestnoten verdienen auch die Wellenformen. Griffig und präzise, ohne einen Anflug von digitaler Rauheit. Die akustischen Sounds können mit ihren realen Pendants aus unserer Sicht zwar nicht ganz mithalten, dank Tonhöhenoptionen, XA-System und Key-Off-Sounds reichen sie aber verdammt nah ran.
Der Aufbau des Motifs ist fast selbsterklärend. Geübten Musikern sollte ein gelegentlicher Blick ins Handbuch reichen, um vom eigenen Sound bis zum fertigen Song alle Arbeitsbereiche zu erschließen. Überhaupt hat der Hersteller bei der XF-Serie großen Wert auf Benutzerfreundlichkeit gelegt. Vorbei die Zeiten, da Yamaha als Synonym für „Parameterdschungel“ galt. Speziell bei der Erstellung von Pattern und Songs ist die neue Bedienfreundlichkeit von unschätzbarem Wert. Endlich macht die Erstellung von kompletten Stücken auch mit einer Workstation so richtig Spaß! Unter diesem Gesichtspunkt ist auch der erwähnte „Modulationsengpass“ zu verschmerzen. Daher: volle Punktzahl für den Neuen von Yamaha!
Fazit
Der Yamaha XF7 führt den visionären Geist der Motif-Serie auf kompromisslose Weise fort. Klang, Funktionsumfang und Bedienung gehen Hand in Hand und bescheren dem Nutzer musikalischen Spaß auf höchstem Niveau. Lediglich Hardcore-Klangbastler sollten sich vor dem Kauf intensiv mit den realen Synthesemöglichkeiten befassen. Allen anderen Musikern sei diese Workstation wärmstens empfohlen.
- hochwertige Wellenformen
- erstklassige Filter
- einfaches Sampling
- Anbindung via USB und Ethernet
- einfacher Pattern- und Songsequenzer
- klare Bedienoberfläche
- eingeschränkte Modulation