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DJ-Interview: Carola Pisaturo - Fortschritt im Techno und Dramatik beim Auflegen

Ihre Produktionen haben schon Kampagnen für Marken wie Nike und Smart veredelt. Doch live wirkt Carola Pisaturo immer noch so leidenschaftlich und spontan, als sei jeder Gig ihr Erster. Tobias Fischer sprach mit Carola über den Fortschritt im Techno, die Dramatik beim Auflegen und die brutale Ehrlichkeit der Crowd.

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Beat / Deine Auftritte sind unglaublich energiegeladen und direkt. Wie hat sich im Laufe der Jahre dein persönlicher Stil entwickelt?
Carola Pisaturo / Ich habe zuerst von anderen gelernt. Und damit habe ich schon vor einer sehr langen Zeit angefangen! Mein damaliger Freund war DJ, hatte Turntables bei sich zu Hause. Manchmal habe ich darauf eher zufällig mit seinen Platten gespielt. Allmählich ist dann in mir eine Liebe für Vinyl gewachsen und ich habe mir das Mixen beigebracht. Nachdem ich meinen ersten Gig absolviert hatte, habe ich mir einen Job in einem Plattenladen besorgt und an der SAE studiert.

Beat / Wie genau bist du dann als DJ gewachsen?
Carola Pisaturo / Ich war bei den Partys immer diejenige im Publikum, die den DJs bei der Arbeit zugesehen und daraus gelernt hat: Wie sie die Musik ineinander mischen, was für Verschmelzungen dabei entstehen und welche Platten zu welchem Zeitpunkt in der Nacht am besten passen. Deine eigene Stimme entwickelst du, sobald du Erfahrungen mit sehr viel verschiedener Musik in unterschiedlichen Situationen gesammelt hast.

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Beat / Wo ziehst du die Grenze zwischen diesem Abschauen bei anderen und deiner Eigenständigkeit?
Carola Pisaturo / Ich sehe mich zwar als eine kreative Person. Aber seien wir ehrlich: Der größte Teil der Musik, die heute produziert wird, basiert auf Stilrichtungen, die zum ersten Mal vor 30 Jahren entstanden sind. Das ist aber eher ein Beweis dafür, wie zukunftsorientiert der Chicago House und Detroit Techno seinerzeit waren: Wir hören ihren Einfluss noch immer in der aktuellen elektronischen Musik. Dabei spielt es aus meiner Sicht auch keine Rolle, welche Produktionsmittel dabei zum Tragen kommen.

Beat / Spielt aber die Technologie heute eine nicht viel größere Rolle als jemals zuvor? Kitzeln Maschinen nicht neue Potenziale aus uns hervor?
Carola Pisaturo / Ich sehe es eher anders herum: Menschen erforschen die Möglichkeiten der Klänge, und dabei bringen sie die Maschinen zum Leben. Ich glaube nicht, dass man irgendwann einmal einen Algorithmus entwickeln wird, der einen wirklich tollen Techno-Track schreibt (s. auch Digitale Kultur, S. 42). Die besten Tracks sind oftmals gar nicht so komplex, ihre Genialität besteht doch gerade darin, wie einfach sie sind. Bei einer Gitarre ist das nicht anders: Sie wird erst durch die Person, die sie spielt, zu etwas Besonderem.

Beat / Worin besteht dann für die tägliche Herausforderung, wenn nicht darin, kompositorisch oder technologisch innovativ zu sein?
Carola Pisaturo / Wenn du mit dem DJing anfängst, willst du dich vor allem beweisen, damit du deinen Lebensunterhalt damit bestreiten kannst – etwas, was nur sehr wenigen gelingt. Bis heute ist das immer noch meine vornehmste Herausforderung: Wenn du nicht ständig in Sachen Arbeitseinstellung und Motivation 100 Prozent gibst, wird man dich schon bald vergessen haben.

Beat / Wie sieht deine Arbeitseinstellung in der Praxis aus? Wie bereitest du dich auf einen Gig vor?
Carola Pisaturo / Ich teile meine Plattentasche in verschiedene Tracks für verschiedene Phasen ein. Dann spielt auch noch eine Rolle, mit wem ich zu welcher Uhrzeit auftrete und wo. Wenn mein Vinyl gepackt und meine CDs gebrannt sind, schnappe ich mir auch noch einen USB-Stick mit einigen zusätzlichen Titeln. Mit diesen digitalen Tracks kann ich ein wenig spontaner agieren. Wenn alles zusammenpasst, kann ich ganz meinen liebsten Ansatz verfolgen: Langsam eine Geschichte zu erzählen und dann dramatisch von einem Sound zum nächsten zu wechseln.

Beat / Wie erkennt man den richtigen Augenblick, ein Set zu beenden?
Carola Pisaturo / Das klingt jetzt wie ein Klischee, aber wenn du die Leute auf eine musikalische Reise genommen hast, dann bewegst du dich damit ganz natürlich in Richtung einer Auflösung. Es gibt aber keinen genau definierbaren Zeitpunkt, dass ein Gig vorbei ist. Ein guter DJ weiß das einfach.

Beat / Was geht dir konkret beim DJing durch den Kopf?
Carola Pisaturo / Gute Frage. Jeder DJ kann bestätigen, dass es besondere Gigs gibt und wirklich besondere Gigs. Es sind die wirklich besonderen, die dich heiß halten und dich dazu inspirieren, deine Musik voranzubringen. Was mir dann durch den Kopf geht, hängt von einer Vielzahl verschiedener Faktoren ab, unter anderem auch davon, was ich auflege. Ich werde aber immer noch nervös vor einem Auftritt. Konzentration ist also ein Schlüsselfaktor.

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Beat / Du bist ja neben deiner Arbeit als DJ auch noch Produzentin. In wiefern kann man die Situation im Club wirklich von zu Hause aus antizipieren?
Carola Pisaturo / Man kann die beiden Situationen nicht wirklich vergleichen. Die Energie einer Club-Nacht lässt sich nicht im Wohnzimmer einfangen und umgekehrt. Deswegen bereite ich mich zwar zu Hause vor, aber wenn ich neue Tracks produziert habe, probiere ich sie immer vor einem Publikum aus, bevor ich sie veröffentliche. Feedback kannst du von Kollegen und Freunden bekommen. Aber erst die Crowd wird dir ehrlich zeigen, ob ihr ein Track gefällt oder nicht.

Beat / Kannst du dein DJ-Motto in einem Satz zusammenfassen?
Carola Pisaturo / Mit der Musik, die du liebst, die Leute zum Tanzen zu bringen.

www.carolapisaturo.com

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