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Granulares Filter? Der innovative Ansatz von Grainity im Stresstest

Granulare Synthese ist beliebt und entsprechende Module begehrt. Klavis bringt nun mit Grainity eine Neuheit auf den Markt: Erstmals wird das Konzept der Bearbeitung kleinster Soundschnipsel durch ein Filter verwirklicht. Wie das funktioniert und wie sich die Innovation aus Brüssel, aus unserer Sicht, musikalisch schlägt, zeigt unser Test.

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Grainity kommt mit 10 HP unscheinbar daher. Es beheimatet zwei parallele Filter, die beide einen separaten Ausgang haben, sich aber Frequenz und Resonanz teilen. Ein dritter Ausgang stellt ein gemischtes Signal zur Verfügung. Der Mix-Regler verhält sich als Crossfader zwischen beiden. Drei  Ausgängen bieten ordentlich Material zum Prozessieren im System – eine Einladung für komplexes Sounddesign.

Grainity kann aber auch als konventioneller Filter verwendet werden, falls weniger abgefahrene Sounds gefragt sind. Der Multi-Mode-Filter bietet mit zwei Tiefpässen, Hochpass, Bandpass, Notch und Filter-Bypass sechs Optionen. Zudem kann seine Phase um 180° gedreht werden. Das zeugt von Vielseitigkeit und spart Platz.

Features

  • voll analoger Signalpfad mit digitaler Steuerung
  • zwei getrennte Filterwege: Multimode VCF und Granular VCF
  • gemeinsame Frequency- und Resonance-Slider
  • Multimode-Filtertypen: 2-Pol und 4-Pol Low Pass, High Pass, Band Pass, Notch
  • Analoger Granularfilter mit vielfältigen Regelmöglichkeiten
  • Detect-Input zum unabhängigen Tracking der Graingröße vom Audio-Signal
  • drei Output-Signale: je ein Output pro Filterweg plus einen Mixed-Out
  • sieben CV-Ins zur Steuerung der Parameter
  • Panel in schwarz und silber erhältlich
  • TE:10, HE:3, Tiefe:21mm (skiff-friendly)
  • Stromverbrauch +12V: 101mA
  • Stromverbrauch -12V: 59mA

Aber Granular klingt doch anders! …und ein Filter auch!

Granulare Wölkchen und Instant Ambient-Vibes à la Clouds oder vergleichbarer digitaler Audio-Prozessoren: Fehlanzeige! Der Audio-Pfad ist hier voll analog. Hört man sich den Granular-VCF an, klingt es völlig anders als erwartet. Statt Zähmung harmonisch reicher Sounds, gibt’s hier harmonischen Inhalt obendrauf. Meine Assoziationen gehen beim Klang eher in Richtung Komplex-Oszillator oder Bitcrusher.

Eine gute Empfehlung ist daher, an die Sache möglichst unvoreingenommen und mit offen Ohren heranzugehen.

Granular-VCF: komplexe Arbeitsweise, viele Einflussmöglichkeiten

Grainity nutzt das Eingangssignal und erkennt aufsteigende Kreuzungen der Nulllinie. Daraus werden Trigger abgeleitet, die eine festgelegte Reihenfolge von Filtereinstellungen auslösen. Da das alles im Audio-Frequenzbereich stattfinden kann, erhält man komplexe Texturen aus kleinsten, variierenden Soundschnipseln: granulare Filtersounds. Diese vorprogrammierten Sequenzen von Filter- und Phaseneinstellungen heißen „Structures“. Es gibt 57 Stück, die sich in Länge und Variation unterscheiden.

Der erkannte Trigger-Zyklus lässt sich per Divison-Regler oder CV-In teilen. Kleinere Werte führen eher zu Textur reichem Material, größere sind für rhythmische Muster geeignet. Bei höherer Resonanz und größeren Divisions fiel mir ein Klicken bei Parametersprüngen auf. Die Auslösung der nächsten Filtereinstellung kann durch den Phase/Frq-Regler verzögert werden – ein eher subtiler Effekt. Im Track-Mode transponiert Grainity den Eingangs-Pitch bis zu einer Oktave nach oben und nutzt dieses Signal, um die Nulldurchgänge zu erfassen. Der Input ist auf den Detect-Eingang normalisiert. Dieser kann stattdessen, neben anderen Audiosignalen, auch Trigger, Gates und LFOs verarbeiten, die dann zum Durchschalten der Grains genutzt werden.

Je nach Eingangsmaterial und Verhältnis zum Signal am Detect-In erhält man eine große Bandbreite an subtilen oder destruktiv-chaotischen Ergebnissen. Einfache, zyklische Wellenformen, wie Sinus, Sägezahn oder Rechteck ergeben eher ersteres, atonale, komplexe Klänge führen eher zu letzterem. Bei Drums, Stimmsamples oder Chords hatte ich die besten Ergebnisse mit einfachen Wellenformen im Detect-In.

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Fazit

„Innovativ“ und „eigenständig“ trifft es wohl am besten. Wenn man sich von den üblichen Vorstellungen löst, was Filter und Granularprozessoren liefern, findet man ein weites Experimentierfeld für interessante Klänge. Die drei Ausgänge und der Filter-Bypass sind nützliche Features, um komplexe Texturen zu kreieren. Bester Freund des Grainity sind monophone, simple Wellenformen. Mit einem analogen Oszillator plus Grainity, erzeugt man auf schnelle, einfache Weise West Coast artige Sounds. Ich hatte aber auch mit polyphonem Material, Samples und Percussion viel Spaß an der Sweetspot-Suche.

Die Wahl der passenden Quelle im Detect-In und die feine Dosierung des Effekt-Anteils im Mix, machte dabei oft den Unterschied. Selbstoszillation und Feedback-Patching führten zu herrlich schrägen Ergebnissen. Wer auf experimentelle Sounds steht, findet hier eine große Spielwiese – dafür eine absolute Empfehlung!

Dass das Modul ebenfalls als simpler Filter nutzbar ist, ist ein weiteres Plus. Manchmal habe ich mir Stereo-Funktionen gewünscht, was sich aber im Rack kompensieren ließ. Design bedingte Lautstärkeunterschiede zwischen den Structures und Klicks bei hoher Resonanz ließen sich ebenfalls verschmerzen.

Hersteller: Klavis | Web: www.klavis.com | Preis: 289 Euro

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