AudioRealisms Bass Line 3 soll den kultigen Sound der TB-303 bis ins kleinste Detail nachbilden. Liefert das Plug-in ebenso charakterstarke Acid-Sequenzen wie die Hardware?
- Software-Synthesizer
- Emulation der TB-303
- Sägezahn-/Rechteck-Oszillator
- 18-dB-Tiefpassfilter
- Hüllkurve
- Sequenzer
- Pattern mit bis zu 64 Schritten Länge
- 128 Pattern pro Bank
- klassische und moderne Pattern-Ansicht
- schrittweise Notenaufnahme via MIDI
- zwei Sync-Modi
- Wellenformanalyse
- Zufallsgenerator
- Vibrato-Effekt
- für VST, AU, RE
Die 1982 erschienene TB-303 war von Roland als Begleitinstrument für Gitarristen gedacht, quasi ein Roboter-Bassist. Aufgrund des unnatürlichen, sehr eigenwilligen Klangcharakters floppte das Gerät, die letzten Exemplare wurden für weniger als 200 Mark abverkauft. So fiel die TB-303 in die Hände experimentierfreudiger Elektromusiker, die mit dem Boliden einen neuen Musikstil kreierten: Acid. Heute gilt Rolands silberne Basskiste als Meilenstein in der Synthesizer-Geschichte. Das Original wird zu horrenden Preisen gehandelt, als günstige Alternative gibt es Nachbauten wie beispielsweise die X0xb0x, Acidlabs Bassline oder die Cyclone TT-303.
Auch auf Softwareebene sind über die Jahre mehrere Klone erschienen. Bisheriger Spitzenreiter in Sachen Authentizität war Audiorealism mit der Analog Bass Line 2 oder kurz ABL2. Nun hat der Hersteller die dritte Generation seines 303-Plug-ins veröffentlicht. Statt den Programmcode nur ein bisschen aufzubohren, wurde der Klangerzeuger, mithilfe moderner Analog-Modeling-Technologien und DSP-Algorithmen von Grund auf neu geschrieben. Das Ergebnis soll der Hardware nun endgültig ebenbürtig sein.
Der Klassiker: Roland TB-303
Die ABL3 setzt sich, getreu der TB-303, aus einem monophonen Synthesestrang mit Oszillator, Tiefpassfilter, Hüllkurve und Verstärker sowie einem Sequenzer zusammen. Optik und Parameterumfang orientieren sich, zumindest auf den ersten Blick, stark am Original. Bei genauerer Betrachtung fallen dann aber einige Zusatzfunktionen auf, die das ohnehin schon eingängige Bedienkonzept weiter vereinfachen und den Sound flexibler gestalten.
Töne
Der ABL3-Oszillator kann Sägezahn- oder Rechteckwellen generieren. Letztere verfügen über eine 303-typische Eigenart: Ihre Pulsweite ändert sich je nach gespielter Tonhöhe. Die Stimmung lässt sich um bis zu ±12 Halbtonschritte justieren. Nachfolgend steht eine Emulation des berühmt-berüchtigten Dioden-Ladder-Filters mit 18 dB Flankensteilheit im Signalfluss. Die Grenzfrequenz kann mittels der Decay-Hüllkurve moduliert werden, dem Vorbild entsprechend decken Beeinflussungen positive und negative Werte ab. Ein weiterer Parameter legt die Stärke von Betonungen fest, die sich im Sequenzer programmieren oder durch MIDI-Anschlagstärken über 100 aktivieren lassen. Abschließend folgt dann noch eine Pegelregelung.
Altbekannter Acid-Sound
Der ABL3-Sound liegt sehr nahe am Original. Bei geringer Resonanz liefert das Instrument bauchig-hohle Bässe, hohe Einstellungen führen zu mehr oder weniger markantem Acid-Gezwitscher. Die Decay-Hüllkurve nimmt naturgetreu Einfluss auf das Filter. Das Klangbild ist derart lebendig, dass man das Gefühl bekommt, es mit analogen Schaltungen zu tun zu haben. Selbst die charakteristischen Klicks und das Rauschen des Verstärkers werden detailliert nachgestellt. Wer es lieber etwas sauberer hätte, kann die „Störgeräusche“ mittels einer Edit-Seite abschalten. Zudem gibt es hier Trim-Potis für Stimmstabilität, Resonanzstärke, Gate-Justierung und ein einfaches Hochpassfilter. Wichtigstes Feature in dieser Ansicht ist allerdings der VCO-Modus, durch den der Oszillator-Charakter weniger basslastig oder nach Vorbild eine X0xb0x gestaltet werden kann.
Acid-Komposition mit AudioRealism ABL 3
Der Sequenzer stellt 128 Pattern nebeneinander bereit, die mittels MIDI-Noten aufgerufen werden können. Jede Instanz fasst bis zu 64 Schritte, neben einer Tonhöhe (von C2 bis C6) lassen sich Gate-, Betonungs- und Slide-Befehle sowie Transponierungen um plus oder minus einer Oktave programmieren. Aktiviert man beide Stimmungs-Optionen gleichzeitig, ergibt dies einen Vibrato-Effekt. Zur Erstellung von Sequenzen bietet die ABL3 zwei Ansichten. In der Ersten werden Bedienelemente ähnlich dem Original dargestellt. Die zweite Ansicht zeigt 16 Schritte eines Patterns inklusive sämtlicher Parameter an. Sehr praktisch! Starten lässt sich der Sequenzer entweder automatisch mit dem Start-Befehl der DAW oder per Tastendruck. Das Kompositionswerkzeug läuft stets synchron zum Host.
Wer bereits eine TB-303, X0xb0x oder Ähnliches besitzt, kann deren Pattern aufnehmen und in der ABL3 analysieren. Hierbei sind bestimmte Einstellungen für den analogen Klangerzeuger einzuhalten, ansonsten kommt es zu Analysefehlern. Diese sind teilweise aber sehr inspirierend. Als weitere Quelle für neue Ideen ist ein umfangreicher Zufallsgenerator an Bord.
Selbst Hardcore-Fans dürfte es schwerfallen, die Ergebnisse von TB-303 und ABL3 zu unterscheiden. Der Sound liegt erstaunlich nahe am analogen Vorbild, mit dem Sequenzer sind typische Acid-Pattern im Handumdrehen erstellt. Natürlich wäre es schön gewesen, wenn AudioRealism die Klangerzeugung um neue Optionen, etwa nach Vorbild von Devil-Fish- oder Borg-Modifikationen, erweitert hätte. Derartige Beigaben hätten das stromlinienförmige Bedienkonzept allerdings aufgeweicht.
Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 124 erschienen.
- authentischer TB-303-Sound
- analoges Klangverhalten
- mehrere VCO-Modi
- Trim-Potis
- eingängiger Sequenzer
- niedrige CPU-Belastung