Mit dem Digitone bringt die schwedische Firma Elektron nach dem Digitakt eine weitere kompakte Groovebox mit digitaler Klangerzeugung auf den Markt. Während der Digitakt mit Samples arbeitet und sich in erster Linie für Drums und Effekte eignet, bietet der Digitone einen achtstimmig polyphonen FM-Synthesizer für Basslinien, Leads, Melodien und Akkorde. Im Gegensatz zu den Elektron-Flaggschiffen wie Octatrack, Analog Four oder Rytm sind die Produkte der Digi-Serie sowohl preislich als auch bedientechnisch einsteigerfreundlicher gestaltet, sie bieten aber trotzdem noch genug Möglichkeiten für komplexe Sequenzen und jahrelangen Spielspaß.
- Groovebox mit FM-Synthese
- 4 OP/8 Algorithmen
- 4 interne Spuren
- 4 MIDI-Tracks
- Multimode-Filter pro Spur
- 2 LFO pro Spur
- Delay, Reverb, Chorus
- eingebauter Sequenzer
- Arpeggiator
Elektron Digitone: Vier Synths, vier Spuren
Zwar ist auch der Digitone mit einem Preis von knapp 800 Euro nicht unbedingt ein Schnäppchen und damit immer noch ein Stückchen teurer als einige Konkurrenzprodukte, kostet andererseits aber nur knapp die Hälfte dessen, was Elektron für die Neuauflagen des Analog Four oder Rytm verlangt. Und angesichts der umfangreichen Ausstattung ist der Digitone durchaus als preiswert einzustufen.
Digitone bietet acht Spuren, von denen vier Spuren der internen Klangerzeugung zugeordnet sind. Die weiteren vier Spuren sind reine MIDI-Spuren zum Ansteuern externer Klangerzeuger. Damit ist der Digitone durchaus als Schaltzentrale in einem Hardware-Setup geeignet, allerdings mit gewissen Einschränkungen aufgrund des fehlenden Song-Modus und der gegenüber dem Digitakt halbierten Spurenanzahl.
Kompakt & langlebig
Das solide Metallgehäuse des Digitone entspricht in Größe, Optik und Verarbeitung dem Digitakt und ist mit 215 x 176 x 63 mm deutlich kompakter ausgefallen als Analog Four, Rytm oder Octatrack, aber mindestens ebenso robust. Der Digitone kann also einiges wegstecken und auch rauen Touralltag überstehen. Die Endlosregler mit Druckfunktion sowie die Taster sind ebenfalls im bewährten Elektron-Style, fassen sich gut an und machen einen langlebigen Eindruck. Die Encoder erlauben eine Feineinstellung der Parameter, wenn sie gedrückt gehalten werden – dieses Feature kennen wir von anderen Elektrons. Sie sind hochauflösender als bei älteren Elektron-Geräten, passend dazu erlauben viele Parameter auch eine feinere Einstellung bis zwei Stellen hinter dem Komma.
Das OLED-Display ist typisch Elektron nicht sonderlich groß ausgefallen. Es lässt sich aber auch aus verschiedenen Blickwinkeln gut ablesen und zahlreiche Grafiken wie die Anzeige der Hüllkurve oder des gewählten Algorithmus unterstützen die Bedienung. Mit acht Endlosregler rechts neben dem Display ändern Sie die dort angezeigten Parameter, mit fünf Tastern wählen Sie direkt zwischen den Menüs Trigger, Synthese 1 und 2, Filter, Verstärker und LFO.
Multifunktions-Taster
Mit den in zwei Reihen angeordneten 16 Tasten im unteren Bereich triggern Sie die Sounds, wählen Pattern und programmieren den eingebauten Step-Sequenzer. Alle Taster sind für einfache Bedienung mit Zahlen oder Symbolen versehen und hintergrundbeleuchtet. Die Haptik erinnert an die Tastatur alter Heimcomputer wie dem Commodore C64 oder mechanische Gamer-Keyboards, was zunächst etwas gewöhnungsbedürftig ist. In der Praxis funktioniert dies aber gut, zudem dürften die Taster auch jahrelangem Dauereinsatz gewachsen sein. Nachteil dieser Lösung ist, dass die Tasten nicht wie eine Synthesizer-Tastatur oder Drumpads anschlag- oder druckdynamisch sind. Sie müssen Akzente und dynamische Änderungen daher nachträglich setzen und können sie nicht wie z.B. beim Analog Keys in Echtzeit einspielen.
Overbridge-Anbindung am Elektron Digitone
Alle Anschlüsse sind auf der Rückseite angesiedelt. Der Sound gelangt durch einen Kopfhörer- und einen Stereoausgang an die Außenwelt, auf analoge Einzelausgänge müssen Sie verzichten. Im Studiobetrieb ist das allerdings verschmerzbar, da über die Overbridge-Anbindung per USB alle vier Spuren zur getrennten Bearbeitung in der DAW zur Verfügung stehen werden.
Leider war die Overbridge-Funktionalität für Digitone zum Zeitpunkt des Tests noch nicht integriert und konnte daher nicht getestet werden. Aufgrund unserer Erfahrung mit anderen Overbridge-tauglichen Geräten wie Analog Heat und Analog Four gehen wir aber davon aus, dass diese digitale Anbindung auch beim Digitone problemlos funktionieren wird. Da Elektron den Termin für die Overbridge-Anbindung des Digitakts schon mehrmals verschoben hat und das Update auch mehrere Monate nach Erscheinen der Sampler-Groovebox noch nicht erhältlich ist, sollten Sie die sofortige Einsatzmöglichkeit dieser Funktionalität beim Kauf des Digitone besser nicht erwarten und Overbridge eher als zukünftigen Bonus sehen. Glücklicherweise wird Elektron entgegen zwischenzeitlichen Ankündigungen zumindest darauf verzichten, für ein Premium-Overbridge ein zusätzliches Entgelt zu verlangen und Digitone-Käufern die Software-Anbindung mit allen Funktionen kostenlos zur Verfügung stellen.
Audio-In & MIDI
Zu den Ausgängen gesellt sich ein Stereoeingang, um externe Audiosignale einzuschleifen. Dies geschieht im Signalweg erst hinter dem Filter, weshalb der Digitone nicht als Filterbox für andere Klangerzeuger dient, wohl aber als Effektgerät. Zudem kann dies im Live-Einsatz einen Sub-Mixer einsparen, da beispielsweise der Digitakt-Audioausgang mit dem Eingang des Digitones verbunden werden kann und dann nur der Stereo-Ausgang des Digitone zum PA-Mixer geschickt werden muss. Erfreulich sind wie schon beim Digitakt die drei MIDI-Buchsen, von denen zwei auch als DIN-Sync zur Verbindung mit älteren Drumcomputern umkonfiguriert werden können.
FM-Synthese – easy
Die eingebaute Klangerzeugung des Digitone basiert auf Frequenzmodulation (FM). Eine gute Wahl, wie wir finden, da FM deutlich mehr Soundvielfalt zu bieten hat als (virtuell-) analoge Klangsynthese und durchaus frischen Wind in die überwiegend (virtuell-)analoge Groovebox-Welt bringt. Nicht umsonst wird die betagte FM-Groovebox DX200 aktuell gebraucht teurer gehandelt als zum ehemaligen Neupreis. Elektron hat bereits in früheren Produkten wie der Monomachine FM-Synthese integriert, ganz überraschend kommt das Ganze also nicht daher.
Mit Aufkommen des Analog-Revivals ist ein wenig in Vergessenheit geraten, wie dynamisch und ausdrucksstark ein FM-Synthesizer klingen kann. Nicht ohne Grund hat der Yamaha DX7 bei seinem Erscheinen viele der heute so heiß begehrten Analogsynthesizer aus Studios und von Bühnen verdrängt. Nachteil ist allerdings der schwierige Zugang, die FM-Synthese ist nicht so intuitiv beherrschbar wie beispielsweise ein Mnimoog. Deshalb hat Elektron auch besonderes Augenmerk darauf gelegt, die FM-Synthese zugänglicher zu machen. So verfügt der Digitone nur über die vier Operatoren A, B1, B2 und C statt der sechs Operatoren eines DX7. Die Verknüpfung erfolgt über acht vorgegebene Algorithmen, wobei C immer als Carrier (also hörbarer Oszillator) vorgegebenen ist und A immer Modulator. B1 und B2 dienen je nach Algorithmus als Carrier oder Modulator, können aber nur eingeschränkt individuell bearbeitet werden. Jeder Algorithmus verfügt über eine Feedback-Schleife für Operator A, B1 und B2. Mit dem Mix-Regler sind Crossfades zwischen den beiden Carriers möglich.
Additive Synthese
Für mehr Klangvielfalt hat Elektron eine zusätzliche additive Synthese spendiert, wodurch entweder Operator A oder B1 neben der klassischen Sinuswelle auch obertonreichere Wellenformen wie Sägezahn und Rechteck erzeugen können.
Zwei Hüllkurven mit den Parametern Attack, (Sustain), Decay und End-Level regeln den dynamischen Verlauf der Frequenzmodulation. Wer sich mit FM-Synthese auskennt, wird sich schnell zurechtfinden, aber auch Einsteiger werden nicht zu sehr überfordert. Und etwas Trial-and-Error gehört ohnehin zur nicht immer berechenbaren FM-Synthese dazu.
Subtraktive Synthese
Um die oftmals sehr obertonreichen und schnell auch aggressiven und harschen FM-Klänge zu zähmen, erfolgt die weitere Bearbeitung durch klassische subtraktive Synthese. Für jede Spur stehen zwei LFO zur Verfügung, die Elektron-typisch extrem vielseitig sind und auf eine Vielzahl verschiedener Parameter geroutet werden können. Das resonanzfähige Filter mit eigener Hüllkurve hat uns klanglich positiv überrascht. Im Gegensatz zum Digitakt sind nicht nur ein, sondern zwei Filter mit jeweils 12dB-Flankensteilheit verbaut. Dies ermöglicht auch kräftiger zupackende 4-Pol-Tiefpassfilter im Moog-Stil oder eine seriell geschaltete Kombination aus Tief- und Hochpassfilter. In Verbindung mit dem Drive-Parameter, mit dem Sie steuern, wie heiß das Filter angefahren wird, kann das Filter des Digitone trotz des digitalen Ursprungs angenehm voll und rund klingen.
An Effekten verfügt Digitone über Chorus, Hall und Delay als Send-Effekte sowie einen regelbaren Overdrive auf der Summe. Weitere Mastereffekte wie Kompressor und Limiter gibt es leider nicht, und auch einen EQ pro Track haben wir ein wenig vermisst.
Flexibler Sequenzer
Der eingebaute Sequenzer ist von jeher eine Stärke der Elektron-Produkte, und der Digitone bildet keine Ausnahme. Sequenzen können in Echtzeit eingespielt werden, auch chromatisch. Letzteres funktioniert sowohl über die 16 Taster, die dann zur Mini-Klaviatur werden, oder ein externes Keyboard. Alternativ ist das Setzen von Steps per Lauflicht-Sequenzer im Stile einer TR-X0X möglich, wobei die 16 Taster jeweils einen Schritt repräsentieren. Da der Digitone eher auf Melodien und Akkorde ausgelegt ist, gibt es im Vergleich zum Digitakt zwei weitere Step-Optionen zur erleichterten Eingabe von Noten. Zudem ist der Sequenzer polyphon, wobei die acht verfügbaren Stimmen den vier Spuren fest zugewiesen oder dynamisch nach Bedarf verteilt werden. Im Test haben wir uns ab und an aber doch ein paar mehr Stimmen gewünscht.
Polyrhythmen & Parameter-Lock
Jede Spur kann unterschiedliche Längen haben, was spannende Polyrhythmen ermöglicht. Parameteränderungen können in Echtzeit aufgezeichnet werden, aber natürlich ist auch das Elektron-typische Parameter-Lock inklusive Trigless-Lock (Werteänderung ohne Triggern des Sounds) möglich. Halten Sie einen oder mehrere Steps gedrückt und drehen Sie z.B. die Filterfrequenz auf, verändert sich der Sound nur für diese Steps. Dynamische modulierende Sequenzen gelingen so im Hand- bzw. Knopfumdrehen. Oder Sie verhallen nur eine einzelne Note in der Sequenz und versehen den letzten Akkord mit Delay - dank Parameter-Lock ist dies eine Sache von Sekunden. Sogar der gewählte Sound lässt sich damit ändern, sodass auch mit den nur vier Spuren sehr komplexe Pattern möglich sind. Hierfür laden Sie bis zu 128 Sounds aus dem 2048 umfassenden Preset-Speicher in den Soundpool und wählen für Step1 eine Kick, für Step2 und 3 eine HiHat, für Step4 einen Bass, für Step5 einen Snare usw. und erzeugen so mit einer einzigen Spur einen kompletten Groove. Wer einen Analog Four mit ebenfalls nur vier Spuren kennt, der weiß, welche erweiterten Möglichkeiten dies bietet.
Als zusätzliche Spielhilfe verfügt jede Spur auch über einen eigenen Arpeggiator.
Groove-Extras
Per Trigger-Condition programmieren Sie zusätzliche Steps, die z.B. nur bei jedem dritten Durchlauf des Pattern oder zufällig mit einstellbarer Wahrscheinlichkeit von 1 bis 99 % erklingen oder nur gespielt werden, wenn Sie den Fill-Taster drücken. Dadurch lassen sich schon ein- oder zweitaktige Pattern so abwechslungsreich gestalten, dass sie selbst über den gesamten Verlauf eines Tracks nie langweilig werden. Auch eine Retrigger/Repeat-Funktion ist an Bord, für Stakkato-Fills bis hin zu Glitch-Effekten. Und auch das Micro-Timing einzelner Steps lässt sich direkt ohne Menü-Diving verändern. Eben mal schnell Ghost-Notes setzen, eine Bassnote vorziehen und eine Kick verzögern, und schon groovt es viel natürlicher. Insgesamt kann man dem Digitone eine relativ unkomplizierte Bedienung bescheinigen, vor allem im Vergleich mit anderen Elektron-Maschinen. Besitzer eines Elektron-Gerätes werden sich ohnehin sofort zurechtfinden, aber auch für Einsteiger bietet die kleine Groovebox keine unüberwindlichen Hürden.
Vier MIDI-Spuren
Neben den vier Spuren für die interne FM-Klangerzeugung verfügt Digitone auch über vier polyphone MIDI-Spuren. Für diese Spuren lassen sich zusätzlich mehrere MIDI-Controller konfigurieren, die ebenfalls per Parameter Lock oder eingebautem LFO innerhalb der Sequenz moduliert werden können. Mit Digitone und einem oder mehreren anderen Synthesizern, Samplern oder Drumcomputern erstellen Sie problemlos komplette Tracks, die mehr als Groovebox-Qualität haben. Umso bedauerlicher ist, dass der Digitone wie der Digitakt (noch?) keinen Songmodus besitzt, in dem Sie mehrere Pattern zu einem längeren Track zusammenfügen können. Die vorhandene Pattern-Chain-Funktion ist hierfür nur bedingt geeignet, da sie nur temporär nutzbar ist und nicht gespeichert werden kann.
Mit dem Digitone bringt Elektron eine moderne Groovebox mit FM-Synthese auf den Markt, die in nahezu allen Belangen überzeugt. Neben den Klassikern wie E-Piano, glasiger Fläche und drahtigem Bass können Experimentierfreudige im Handumdrehen auch abgefahrene metallisch-schräge Sounds und Sequenzen schrauben, typische Elektron-Features wie Parameter-Lock und dynamische Trigger-Optionen unterstützen dabei. Bei der Klangerzeugung verdienen vor allem die vereinfachte Bedienung der FM-Synthese sowie der Klang von Filter und Overdrive positive Erwähnung. Vom reinen Grundklang her kommt Digitone zwar in Sachen Druck und Transparenz nicht an moderne FM-Synthesizer wie den Yamaha Reface DX heran, bietet aber mit den obertonreichen und flexiblen Klängen eine sehr schöne Ergänzung zu analogen Synthesizern.
Dank Overbridge-Anbindung wird sich der Digitone problemlos in eine rechnergesteuerte Studioumgebung integrieren lassen, die vier zusätzlichen MIDI-Spuren erlauben aber auch das Erstellen kompletter Tracks ohne Computer – idealerweise in Verbindung mit dem ähnlich aufgebauten Digitakt für Drums und andere Samples und einem analogen Synthesizer wie dem Analog Four.
Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 150 erschienen.
- robuste Verarbeitung
- bedienbare FM-Synthese
- Filter/Drive
- flexible LFO
- Sequenzer mit Extras
- 4 polyphone Tracks
- 4 MIDI-Spuren
- Overbridge-Anbindung
- kein Song-Modus