Orb Composer Pro S von Hexachords ist eine Software, die basierend auf künstlicher Intelligenz eigenständig komplette Songs entwickelt. Doch entgegen der Vermutung, dass der Mensch nun endgültig Ballast geworden ist, wird dieser eine zentrale Rolle in dieser Science-Fiction-ähnlichen Story spielen. Schauen wir mal, was da dran ist!
- Kompositions-Assistent
- für Akkordfolgen & Melodien
- MIDI-Import/Export
- Stand-alone oder als Plug-in
- VST-Unterstützung
- unterschiedliche Versionen verfügbar
Die Standalone-Software Orb Composer Pro S bietet zahlreiche Tools, um musikalische Bestandteile eines Songs automatisch generieren zu lassen. Dazu zählen das Erfinden von Melodien, Bass-Läufen, Harmonieren, Variationen, Strukturen (Intro, Chorus, Verse etc.), Dramaturgie sowie das Herstellen musiktheoretischer Bezüge (Akkord-Funktionen etc.). Doch all das passiert natürlich nicht einfach, indem man den „Go!“-Button drückt und man sich entspannt zurücklehnt! Nein, vielmehr muss der Anwender ganz klar definieren, was eigentlich passieren soll. Er legt also die Eckdaten fest und die Software erledigt die Detail-Arbeit (und behält stets den Überblick). Anschließend evaluiert der Anwender das Ergebnis, justiert die ein oder andere Stellschraube und lässt den Computer erneut komponieren.
Orb Composer Pro S im Detail
Gehen wir nun eine Ebene tiefer und schauen im Detail, was da eigentlich Spannendes passiert. Im DAW-ähnlichen Layout kann die Software mehrere MIDI-Instrumente anlegen, die entweder auf die interne Klangerzeugung zurückgreifen oder mit den eigenen Lieblings-Plug-ins bestückt werden. In Form von Genre-Presets (Electro, Pop Rock, Orchester etc.) legt die Software entsprechend viele oder wenig Spuren an. Ab dann zieht der Nutzer sogenannte Blocks ins Arrangement, die folgende Informationen enthalten: Song-Part (Intro oder Verse?), musikalische Struktur (Frage-Antwort-Spiel oder Standard?), Akkordfolge (I-I-IV-V oder I-VII-II-III?) und so weiter. Auf dieser Informations-Grundlage erzeugt die künstliche Intelligenz zusammenhängende Notenfolgen, die schon bei den ersten Gehversuchen tatsächlich nach Musik klingen. Das sieht dann nach nur einem Knopfdruck so aus, als hätte man in seiner DAW mal eben 30 Spuren aufgezeichnet, eingefärbt, strukturiert und ein Arrangement aufgebaut.
Stellschrauben
Die genannten Block-Informationen lassen sich dann via Drag-&-Drop nach Belieben austauschen, ändern und zu neuen Kompositionen verwandeln. Außerdem kann man wirklich jede Phrase in jeder Spur hinsichtlich der Stellschrauben für die KI variieren. Leider gibt es keinen MIDI-Editor, sodass man nicht mal eben ein paar Noten nach links verschieben oder transponieren kann – solche naheliegenden Eingriffe sind leider nicht Teil des Programms. Vielmehr agiert man auf der Metaebene und definiert die Rolle des Instruments neu oder variiert die Dramaturgie. Und genau das ist dann der Knackpunkt: Es wird sehr abstrakt! Zudem wird einiges an Einarbeitung vorausgesetzt, da man stets mit englischen Begriffen aus der Musiktheorie konfrontiert wird. Aber während der Testphase gab es immer wieder Momente, wo einfach richtig gute Skizzen herauskamen. Und gerade dann, wenn man im Orchester-Bereich über 50 Spuren in wenigen Sekunden automatisch füllen und arrangieren lässt, sind da etliche Parts dabei, die man einfach in seiner DAW weiterverarbeiten möchte!
Ab in die DAW
Wenn man sich eine seriöse Song-Skizze hat komponieren lassen, kann man alle Inhalte in eine MIDI-Datei exportieren und in seiner DAW ausarbeiten. Es gibt aber auch die Möglichkeit, den Orb Composer als Plug-in in der DAW zu laden. Für diesen Fall muss man sich natürlich mit dem Routing auseinandersetzen und eine trockene administrative Aufgabe erledigen. In diesem Kontext ist es super, dass man in der Stand-alone-Version seine eigenen Plug-ins laden und sich ein realistisches Bild von den erstellten Kompositionen machen kann (in früheren Versionen gab es keine VST-Unterstützung).
Braucht man das? Das ist wohl die große Frage, die man sich beim Lesen dieses Teste stellt. Produzenten für Werbemusik oder andere Zwecke, wo schnell sehr viel komponiert und produziert werden muss, können von diesem Assistenten profitieren. Musiker, die sich von automatisch-generierten Akkordfolgen, Melodien lediglich etwas inspirieren lassen möchten, sollten zu den kleineren Tools wie Scaler, Captain Chords und Co. greifen. Interessierte Tüftler sollten sich zunächst die Demo laden und sich die abgespeckte Version Orb Composer Artist S für 149 Euro anschauen.
Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 164 erschienen.
- gelungenes Konzept
- VST-Unterstützung
- viele Stellschrauben
- anspruchsvoll
- Stabilität
- kein einfacher MIDI-Editor
- hoher Preis
- wenige Skalen