Nach wie vor ist Rayblaster 2 ein unkonventioneller Synthesizer aus dem Hause Tone2, der nicht mit den gängigen Klangerzeugungs-Verfahren (subtraktive Synthese, FM, Phase Distortion etc.) an den Start geht. Stattdessen stehen Impulse im Vordergrund, die in hoher Konzentration einen Klang ergeben und frische bis nie gehörte Sounds liefern. Doch was bringt das Update?
- Impulse Modeling Synth
- verbesserte Synthese-Engine
- Oszillatoren mit Wellenformen und Samples
- Resynthese von Samples
- 1076 Presets
- 44 Effekte
- Drag-&-Drop-Modulation
- VST (32/64-Bit)
Rayblaster 2: Gegen den Strom
Trotz der neuartigen Klangerzeugungs-Technologie ist das Layout an einen klassischen Synthesizer angelehnt. Dementsprechend erzeugen zwei Oszillatoren den Sound, während Hüllkurven, LFOs und drei Modulations-Matrizen die Parameter beeinflussen und den Klang verflüssigen. Eine üppige Effekt-Ausstattung hilft bei der Veredelung, eine standardmäßige Filtersektion ist allerdings nicht vorhanden. Soweit klingt alles – bis auf das Fehlen des Filters – nach gewohnter Synthese, doch ehe man sich versieht, steht man in der Oszillator-Sektion vor neuen Türen und eventuell vielen Fragezeichen: Die Oszillatoren arbeiten nämlich mit Wellenformen, die aus Filter-Impulsantworten, Sample-Loops, Vocal-Formanten, klassischen Wellenformen und mehr bestehen. Auch eigene Samples lassen sich laden. Kurzum: Drum-Loops können als Grundmaterial herhalten, ebenso wie Vocal-Phrasen, Filterfahrten, Akkorde und alles andere, was in Form von WAV-Dateien in die Oszillatoren gelangt.
Das Biest beherrschen
Die Parameter Formant und Tune stehen im Zentrum der beiden Oszillatoren, die je nach Quellmaterial unterschiedlich fungieren, aber in erster Linie die Formanten und Tonhöhe bestimmen. Ist beispielsweise ein Drum-Loop im Oszillator geladen, so regelt Tune die Geschwindigkeit, die sich auch zum Host-Tempo synchronisieren lässt. Bei einer geladenen Filter-Impulsantwort regelt der Parameter Formant überraschenderweise die Grenzfrequenz und übt eine gewohnte Filterung aus. In der Praxis bedeutet dies: Das Lesen des Handbuchs ist Pflicht, denn sonst kommt man mit der Parameter-Logik nicht mehr hinterher und das Klangschrauben wird zum Überraschungs-Ei.
Wie klingt Tone2 Rayblaster 2?
Rayblaster 2 in eine Klang-Schublade zu stecken, würde dem Klang-Chamäleon schlicht nicht gerecht werden. Einen Lieblings-Spielplatz hat dieser Synthesizer jedoch: monströse Leads und Bässe für Dubstep, Glitch Hop und Co! Durch die vielfältigen Wellenformen und Modulations-Möglichkeiten gelingen in wenigen Minuten bahnbrechende Klangbewegungen, die mit subtraktiven Synthesizern nur schwer umsetzbar sind. Aber generell passen alle wild gewordenen Digital-Sounds in das Portfolio von Rayblaster 2. Man muss nur aufpassen, dass man nicht in zu harsche Sphären abdriftet, was leider schnell passieren kann. Auf der Wunschliste der Redaktion steht definitiv ein analog-modelliertes Filter, das jeden noch so kühlen Sound mit einer warmen Textur entgegenwirkt. Dieses fehlt einfach am Ende der Signalkette. Obwohl auch analoge Vintage-Sounds machbar sind, passt diese Kategorie subjektiv gesehen eher weniger zu Rayblaster 2.
Lohnt ein Upgrade?
Die Entwickler von Tone2 haben Rayblaster mit dem Major-Update einfach nur besser gemacht und um viele Funktionen erweitert. In erster Linie ist der Wellenform-Vorrat gewachsen und vergrößert das Klangspektrum. Dank der verbesserten Engine klingt Rayblaster 2 gegenüber der ersten Version ein Stück weit hochwertiger. Mit den vergrößerten Klangmöglichkeiten machen die 500 neuen und gut klingenden Patches auch absolut Sinn, da man das Potenzial von Rayblaster 2 schneller erschließen kann. Die Modulationen sind dank Drag-&-Drop einfacher denn je, MIDI-Learn ist jetzt endlich implementiert. Obwohl die Zahl der Neuerungen noch längst nicht abgeschlossen ist, muss der aufgestockte Effekt-Pool definitiv erwähnt werden (zehn Reverb-Effekte, zwei zusätzliche Flanger, Phaser und vieles mehr). Um es kurz zu machen: Ein Update lohnt, da die Bedienung noch einfacher und das Klangpotenzial enorm gestiegen ist.
Tone2 Rayblaster 2 ist die gelungene Fortführung eines Ausnahme-Synthesizers und verdient das Prädikat „erstklassig“. Der transparente und hochwertige Klang, gepaart mit den nahezu unendlichen Klangerzeugungs-Möglichkeiten sind eine Traum-Kombination für Musiker und Sounddesigner gleichermaßen. Doch ein Ausprobieren der Demo ist Pflicht, da die Sound-Ästhetik – wie auch beim hauseigenen Icarus – in die digitale und präzise Richtung geht. Produzenten mit analogem Fetisch werden sich wohl weniger angesprochen fühlen, als Genießer präziser Digitalsounds.
Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 139 erschienen.
- erstklassiger Sound
- umfassender Wellenform-Pool
- einfache Bedienung
- sehr breites Klang-Spektrum
- Resynthese
- keine extra Filter-Sektion
- Delay-Zeiten nur Tempo-synchron