Mit dem Hybrid beglückt Air Music seit Jahren die ProTools-Gemeinde. Version 3 öffnet sich endlich allen DAWs. Ein moderner Alleskönner – oder ein Relikt der Vergangenheit?
Auf den ersten Blick ist der Hybrid 3 ein schick gestalteter Subtraktiver mit zwei Layern à drei Oszillatoren, Hüllkurven und LFOs. Spätestens auf den zweiten Blick aber zeigen sich die wahren Features: Wavetables, ein Sequenzer mit MIDI-Import, Multi-Filter mit Drive-Sektion, über 40 Effekte(!) und jede Menge Raum für Modulationen. Klingt die Praxis so gut wie die Theorie?
Struktur
Optisch grüßt der Hybrid 3 mit einer klar strukturierten Oberfläche, die auf der ersten Seite alle Elemente zur Klanggestaltung beinhaltet. Als da wären ein Oszillator mit üblichen Wellenformen wie Sinus und Sägezahn, Noise und Sub-Oszillator sowie zwei Oszillatoren mit Sync-Sounds, Cross- Modulation und 100 Wavetables. Alle Wellenformen können per Shape-Regler in klassischer Wavetable-Manier durchfahren werden. Der Fundus umfasst hauptsächlich digitales Grundmaterial, Sweeps und monströse Super-Saws, aber auch traditionelle Instrumente wie Pianos und Orgeln. Authentische Emulationen sind von Wavetables naturgemäß nicht zu erwarten, doch bringen sie klanglich eine individuelle Note mit sich. Dazu gesellen sich vier Hüllkurven, deren Eckpunkte bequem per Maus verschoben werden, drei LFOs und zwei Filter. Die Hüllkurven sind extrem zackig und ermöglichen das Erzeugen von knackigen Drums. Ein Schmankerl in der LFO-Sektion ist der „Pump“-LFO, welcher speziell auf Sidechain-Anwendungen ausgelegt ist.
Filter
Die beiden Filter bieten 23 Typen, angefangen von Hoch- und Tiefpass-Modellen über Bandpass und -reject bis hin zu Phase-Shifter-Typen. Die Auswahl beim Filter-Drive ist weniger opulent, aber nicht minder flexibel, denn neben obligatorischen Sättigungsstufen wartet Hybrid 3 auch mit Bitcrusher und Resampling auf. Dubstep-Bässe und singende Mönche lassen grüßen. Filter 1 offeriert überdies die Wahl zwischen digitalem oder eher weichem, analogen Klang. Auch die Verschaltung der Filter ist frei einstellbar. So können sie seriell oder parallel laufen, getrennt nach Kanälen oder als Basis für Filter-FM Effekte dienen. Im OSC-Modus wird Filter 1 von Oszillator 1 gefüttert, während die anderen beiden durch Filter 2 laufen. Klasse! Oszillatoren, Filter und der Amplifier bieten per Mausklick auf ihrer „Rückseite“ neben weiteren Optionen zur Klanggestaltung je drei Slots zum Modulieren verschiedener Parameter.
Sequenzer
In der Auswahl finden sich neben den bereits genannten Quellen auch die beiden Sequenzer, die sowohl einen anschlagdynamischen Arpeggiator als auch zwei Step-Sequenzer als Modulatoren bieten. Neben normalen Arpeggiator- Modi wie Up, Down oder Random stehen über 150 Phrasen zum sofortigen Losspielen bereit. Auch eigene MIDI-Dateien lassen sich importieren. Das Bearbeiten der Sequenzer könnte einfacher nicht von der Hand gehen und verschiedene Sync-Modi sowie Swing runden die Sektion ab. Top! Zusätzlich finden sich in der „Common“- Sektion die Optionen für Unison, Spielweisen und Stimmenzahlen für die Layer.
Effekte
Alle gebotenen Effektmodule aufzuzählen, würde den Rahmen dieses Tests sprengen, denn der Hybrid 3 hat zahlreiche Reverbs, Delays, Phaser, Flanger, Verzerrer, Filter, Wahwahs und sogar einen Kompressor im Repertoire. Pro Layer können zwei Effekte genutzt werden, in der Master-Sektion stehen nochmals Chorus, Delay und Reverb bereit. Trotz beeindruckender Quantität muss die Qualität nicht leiden, denn die Effekte klingen durch die Bank gut. Mit dem Amp lassen sich sogar authentische Gitarren-Clippings erzeugen, was man von digitalen Synths so gar nicht gewohnt ist. Einziger Wermutstropfen: Die Effekte könnten nicht moduliert werden – zugegeben Jammern auf hohem Niveau. Die letzte Sektion „Part Presets“ ist eine Art Performance-Modus. Hier können die Layer der gespeicherten Presets getrennt voneinander geladen und kombiniert werden. In der unteren Hälfte bietet das Plugin Zugriff auf die wichtigsten Parameter zum schnellen Anpassen: Tonhöhe, Cutoff, Resonanz, Lautstärke und Panorama sowie Attack und Release.
Beim Hybrid wurde mitgedacht. Trotz umfangreicher Feature-Liste bleibt die Bedienung intuitiv, neue Sounds sind schnell geschraubt. Und wenn’s mal schnell gehen muss, bietet die Werkslibrary einen immensen Fundus an sinnvoll kategorisierten Presets. Hier finden sich massig Sounds aller Kategorien, wobei organische Pads, Lead und Synth-Sounds wirklich glänzen. Bässe und böse Sounds sucht man eher vergebens und der Klang hat immer einen digitalen Touch. Leider sind auch einige der Patches noch nicht im heutigen Zeitalter angekommen, der Hybrid könnte stellenweise wesentlich mehr, als die Presets zeigen. Davon abgesehen, gibt es nichts zu meckern.
- großer Funktionsumfang
- hohe Flexibilität
- intuitive Step-Sequenzer
- MIDI-Import
- hochwertige Effekte
- Ressourcen-schonend
- Part-Presets
- Presets teils veraltet