Während sich die tastaturlose FM-Groovebox Digitone schnell großer Beliebtheit erfreute, hatte die im ungewöhnlichen Stil der Monomachine designte Tastaturversion einen schweren Start. Dabei bietet Digitone Keys im Vergleich zur Desktop-Version viele zusätzliche Funktionen, die den FM-Synthesizer auch für klassische Keyboarder interessant machen. Und durch die aktuelle kräftige Preissenkung unter die magische 1.000 Euro-Grenze in Verbindung mit einem umfangreichen Update wird die Kombination aus Groovebox und Tastatur noch attraktiver.
FM-Klangerzeugung
In Sachen Klangerzeugung sind Digitone Desktop und Digitone Keys (Jetzt bei Thomann ansehen) identisch. Bis zu vier Sounds teilen sich die acht verfügbaren Stimmen. Der eingebaute Sequenzer besitzt vier Spuren für die interne Klangerzeugung und vier MIDI-Spuren zum Ansteuern externer Klangerzeuger. Damit ist der Digitone auch als Schaltzentrale in einem kleinen Hardware-Setup geeignet.
Gewöhnungsbedürftiges Design
Die Desktop-Version wurde quasi unverändert in den Digitone Keys integriert. Dies erinnert an die großen Keyboard-Versionen des Access Virus oder der Monomachine und sorgt für eine etwas ungewöhnliche Optik. Es wirkt, als ob die Spielhilfen (Pitchbender, Modulationsrad etc.) sowie das Keyboard mit zusätzlichen Bedienelementen einfach nur links und rechts an die Desktop-Version herangeschweißt wurden. Vor allem die räumliche Trennung zwischen Spielhilfen und Keyboard durch die Groovebox-Sektion dürfte klassische Keyboarder ein wenig irritieren.
Das solide Metallgehäuse des Digitone Keys, das diese Kombination umrahmt, ist dadurch zwar mit 18,5 cm kaum tiefer als der Digitone Desktop, mit gut 87 cm aber relativ breit für ein 3-Oktaven-Keyboard. Auch das Gewicht von 6 kg spricht gegen einen unkomplizierten Transport im Rucksack.
Sehr gute Tastatur
Die Verarbeitung ist Elektron-typisch sehr robust und absolut live-tauglich. Die Digitone-Bedieneinheit ist leicht angewinkelt eingebaut und lässt sich dadurch leichter bedienen und ablesen. Die Tastatur mit 37 Tasten ist halbgewichtet, verarbeitet neben Anschlagdynamik auch Aftertouch und bietet ein sehr gutes Spielgefühl. Damit lässt sich der große Dynamikumfang der FM-Klangerzeugung musikalisch ausnutzen, zudem können Sie das Keyboard splitten und so verschiedener Tracks/ Sounds gleichzeitig ansteuern. Aftertouch und Modwheel lassen sich jeweils bis zu fünf Parametern gleichzeitig zuordnen, was auch drastische Soundveränderungen und Klangmorphing während der Live-Performance erlaubt.
Performance-Controller
Eine weitere Bereicherung für den Live-Einsatz sind die acht zusätzlichen Endlosregler oberhalb der Tastatur. Sie sind mit klangformenden Parametern wie Ratio, Level und Cutoff vorbelegt, aber grundsätzlich frei zuweisbar. Fünf weitere Taster geben Ihnen beim Spielen direkten Zugriff auf Performance-Parameter wie Portamento. Arpeggiator und Chord, um Akkorde festzulegen und dann mit nur einer Taste zu triggern.
Groovebox integriert
Die weiteren Endlosregler mit Druckfunktion entsprechen komplett der Desktop-Version, fassen sich gut an, lösen hoch auf und machen einen langlebigen Eindruck. Das OLED-Display ist typisch Elektron nicht sonderlich groß ausgefallen. Es lässt sich aber auch aus verschiedenen Blickwinkeln gut ablesen und zahlreiche Grafiken wie die Anzeige der Hüllkurve oder des gewählten Algorithmus unterstützen die Bedienung. Mit acht Reglern rechts neben dem Display ändern Sie die dort angezeigten Parameter, mit fünf Tastern wählen Sie direkt zwischen den Menüs Trigger, Synthese 1 und 2, Filter, Verstärker und LFO.
Robuste Multifunktionstaster
Mit den in zwei Reihen angeordneten 16 Tasten im unteren Bereich triggern Sie die Sounds, wählen Pattern und programmieren den eingebauten Stepsequenzer. Alle Taster sind für einfache Bedienung mit Zahlen oder Symbolen versehen und hintergrundbeleuchtet. Die Haptik erinnert an mechanische Gamer-Keyboards, damit dürften die Taster auch jahrelangem Dauereinsatz gewachsen sein. Nachteil dieser Lösung ist, dass die Tasten nicht wie eine Synthesizer-Tastatur oder Drumpads anschlag- oder druckdynamisch sind, aber dafür können Sie ja die Tastatur nutzen.
Einzelausgänge, Overbridge
Alle Anschlüsse befinden sich auf der Rückseite. Der Sound gelangt durch einen Kopfhörer- und einen Stereoausgang an die Außenwelt, im Gegensatz zur Desktop-Version gibt es auch vier analoge Stereoausgänge zur individuellen Abnahme jedes der vier Tracks. Sie können den Sound des Digitone Keys auch verlustfrei per Overbridge in die DAW führen, ebenfalls in Summe oder als einzelne Tracks. MIDI, Audio und Clock/Synchronisation wird dabei nur über ein USB-Kabel realisiert. Im Test lief dies absolut problemlos und stabil. Ein dickes Lob dafür an Elektron!
Zu den Ausgängen gesellt sich ein Stereoeingang, um externe Audiosignale einzuschleifen und den Digitone als Effektgerät und Sub-Mixer einzusetzen. Erfreulich sind auch die drei MIDI-Buchsen, von denen zwei als DIN-Sync zur Verbindung mit älteren Drumcomputern umkonfiguriert werden können.
Bedienbare FM-Synthese
Die eingebaute Klangerzeugung des Digitone basiert auf Frequenzmodulation (FM). Dabei hat Elektron besonderes Augenmerk darauf gelegt, die schwer berechenbare FM-Synthese zugänglicher zu machen. So verfügt der Digitone nur über die vier Operatoren A, B1, B2 und C statt der sechs Operatoren eines DX7. Die Verknüpfung erfolgt über acht vorgegebene Algorithmen, und jeder Algorithmus verfügt über eine Feedback-Schleife für Operator A, B1 und B2. Mit dem Mix-Regler sind Crossfades zwischen den beiden Carriers möglich.
Zusätzliche additive Synthese
Für mehr Klangvielfalt hat Elektron eine zusätzliche additive Synthese spendiert, wodurch entweder Operator A oder B1 neben der klassischen Sinuswelle auch obertonreichere Wellenformen wie Sägezahn und Rechteck erzeugen können. Zwei Hüllkurven mit den Parametern Attack, (Sustain), Decay und End-Level regeln den dynamischen Verlauf der Frequenzmodulation. Wer sich mit FM-Synthese auskennt, wird sich schnell zurechtfinden, aber auch Einsteiger werden nicht zu sehr überfordert.
Filter und Effekte
Um die oftmals sehr obertonreichen und schnell auch aggressiven und harschen FM-Klänge zu zähmen, erfolgt die weitere Bearbeitung durch klassische subtraktive Synthese. Zwei resonanzfähige Filter mit jeweils 12dB-Flankensteilheit ermöglichen kräftig zupackende 4-Pol-Tiefpassflter im Moog-Stil oder eine seriell geschaltete Kombination aus Tief- und Hochpassfilter. In Verbindung mit dem Drive-Parameters kann das Filter des Digitone Keys trotz des digitalen Ursprungs angenehm voll und rund klingen. Für jede Spur stehen auch zwei flexible LFO zur Verfügung, die auf eine Vielzahl verschiedener Parameter geroutet werden können. Ein tolles Detail: LFO 2 kann sogar die Parameter des ersten LFO beeinflussen.
An Effekten besitzt Digitone Keys (Produkt bei Thomann ansehen) einen Chorus, Hall und Delay als Send-Effekte sowie einen regelbaren Overdrive auf der Summe. Weitere Mastereffekte wie Kompressor und Limiter zur Eingrenzung des hohen Dynamikumfangs gibt es leider nicht. Wir hätten uns außerdem einen Effekt zur Bit- und Sampleratenreduktion gewünscht.
Flexibler Sequenzer
Der flexible Sequenzer ist das Markenzeichen aller Elektron-Produkte. Sequenzen können in Echtzeit eingespielt werden, auch chromatisch – hier zahlt sich dann das eingebaute Keyboard aus! Alternativ ist das Setzen von Steps per Lauflichtsequenzer im Stile einer TR-X0X möglich, wobei die 16 Taster jeweils einen Schritt repräsentieren. Der Sequenzer ist polyphon, wobei die acht verfügbaren Stimmen den vier Spuren fest zugewiesen oder dynamisch nach Bedarf verteilt werden. Im Test haben wir uns ab und an aber doch ein paar mehr Stimmen gewünscht.
Polyrhythmen und Parameter-Lock
Jede Spur kann unterschiedliche Längen haben, was spannende Polyrhythmen ermöglicht. Parameteränderungen können in Echtzeit aufgezeichnet werden, aber natürlich ist auch das Elektron-typische Parameter-Lock inklusive Trigless-Lock (Werteänderung ohne Triggern des Sounds) möglich. Halten Sie einen oder mehrere Steps gedrückt und drehen Sie z.B. die Filterfrequenz auf, verändert sich der Sound nur für diese Steps. Dynamische modulierende Sequenzen sind schnell erstellt, vor allem die Einbeziehung der FM-Klangparameter in die Parameter-Locks sorgt für spektakuläre Ergebnisse. Sogar der gewählte Sound lässt sich pro Step ändern, sodass auch mit den nur vier Spuren sehr komplexe Pattern möglich sind. Als zusätzliche Spielhilfe verfügt jede Spur auch über einen eigenen Arpeggiator.
Trigger-Optionen
Per Trigger-Condition programmieren Sie zusätzliche Steps, die z. B. nur bei jedem dritten Durchlauf des Pattern oder zufällig mit einstellbarer Wahrscheinlichkeit von 1 bis 99 % erklingen oder nur gespielt werden, wenn Sie den Fill-Taster drücken. Dadurch lassen sich schon ein- oder zweitaktige Pattern so abwechslungsreich gestalten, dass sie selbst über den gesamten Verlauf eines Tracks nie langweilig werden. Auch eine Retrigger/Repeat-Funktion ist an Bord, für Stakkato-Fills bis hin zu Glitch-Efekten. Und sogar das Micro-Timing einzelner Steps lässt sich direkt ohne Menü-Diving verändern. Eben mal schnell Ghost-Notes setzen, eine Bassnote vorziehen und eine Kick verzögern, und schon groovt es viel natürlicher. Insgesamt kann man dem Digitone Keys eine relativ unkomplizierte Bedienung bescheinigen, vor allem im Vergleich mit anderen Elektron-Maschinen. Besitzer eines Elektron-Gerätes werden sich sofort zurechtfinden, aber auch für Einsteiger bietet der Synthesizer keine unüberwindlichen Hürden.
Vier polyphone MIDI-Spuren
Neben den vier Spuren für die interne FM-Klangerzeugung verfügt Digitone über vier polyphone MIDI-Spuren. Für diese Spuren lassen sich zusätzlich mehrere MIDI-Controller konfigurieren, die ebenfalls per Parameter Lock oder eingebautem LFO innerhalb der Sequenz moduliert werden können. Mit Digitone und einem oder mehreren anderen Synthesizern, Samplern oder Drumcomputern erstellen Sie problemlos komplette Tracks, leider gibt es aber nach wie vor nur eine einfache Pattern Chain Funktion und keinen Song-Modus.
Firmware-Update 1.30
Neu hinzugekommen ist mit dem Update 1.30 die Möglichkeit, Sequenzen auch Step-by-Step einzugeben, was gerade in Kombination mit dem Keyboard sehr nützlich ist. Trig Probability sorgt für zufällige Veränderungen, während Trig Preview ein Vorhören einzelner Trigs erlaubt. Mit den neuen Play-Modes Poly, Poly mit mono LFOs, Mono und Mono Legato lässt sich Digitone Keys flexibel an Ihre Spielweise anpassen. Interessant ist auch die Option, Digitone als class-compliant Device ohne spezielle Treiber zu nutzen, was die Verbindung mit Tablets und Smartphones erleichtert – vor allem, da sich Digitone Keys auch als USB-Audiointerface nutzen lässt!
Digitone Keys (Bei Thomann ansehen) erweitert das Groovebox-Konzept des Digitone zu einem vollwertigen Instrument mit zusätzlichen Bedienelementen für die Live-Performance. Neben den Klassikern wie E-Piano, glasigen Flächen und drahtigen Bässen ermöglicht die auf direkte Bedienung optimierte FM-Klangerzeugung auch abgefahrene metallisch-schräge Sounds, Drones und natürlich modulierende Sequenzen mit typischen Elektron-Features wie Parameter- und Sound-Lock sowie flexiblen Trigger-Optionen. Dank Overbridge-Anbindung lässt sich Digitone problemlos in eine rechnergesteuerte Studioumgebung integrieren lassen, die vier zusätzlichen MIDI-Spuren erlauben aber auch das Erstellen kompletter Tracks ohne Computer. Im computerlosen Setup sind die analogen Einzelausgänge zur individuellen Nachbearbeitung der vier Spuren hilfreich. Und die kräftige Preissenkung macht den Digitone Keys deutlich attraktiver als bisher, wenn Sie mit dem etwas ungewöhnlichen Layout zurechtkommen.
Zweite Meinung gefällig? Bei unseren Kollegen von Amazona können Sie einen weiteren Testbericht zu diesem Produkt lesen.
- robuste Verarbeitung
- bedienbare FM-Synthese
- gute Tastatur
- Performance-Regler
- Sequenzer mit vielen Extras
- analoge Einzelausgänge
- Overbridge-Anbindung
- USB-Audiointerface
- gewöhnungsbedürftiges Design