Geht es um die Erzeugung hochwertiger künstlicher Räume, zählt der amerikanische Hersteller Lexicon seit nunmehr 35 Jahren zur Oberklasse. Insbesondere seine Modelle der PCM-Serie, namentlich das PCM81, PCM91 und das aktuelle PCM96, haben Musikgeschichte geschrieben und setzen nach wie vor Maßstäbe in puncto Dichte und räumlicher Auflösung.
Nach einem eher mäßigen Ausflug in die Welt der VSTs – Beat-Leser werden sich noch an die Beigabe „Pantheon“ erinnern – möchte der Hersteller nun mit dem „PCM Native Reverb Bundle“ endlich ein Plug-in-Paket vorlegen, das den Namen Lexicon auch verdient.
Installation
Das PCM Native Reverb Bundle ist auf den Rechnerplattformen Windows 7, Vista, XP und Mac OS X für die Schnittstellen VST, RTAS beziehungsweise Audio Unit erhältlich. Zum Betrieb der Software ist ein Pace-iLok-Dongle erforderlich, der erstaunlicherweise in dieser Preisklasse nicht zum Lieferumfang gehört und somit mit nochmals 36 Euro zu Buche schlägt. Die Installation der rund 50 MB umfassenden Software ist mit wenigen Mausklicks erledigt, das Einlösen des Lizenzcodes gestaltet sich ebenfalls unproblematisch und ist nach wenigen Minuten abgeschlossen. Nun also: Sequenzer öffnen, Plug-in laden und los geht’s!
Überblick
Die Plug-in-Suite bringt sieben bewährte Hallalgorithmen mit, die alle aus der PCM96-Hardware portiert wurden. Jeder der sieben Hallräume ist als eigenständiges Plug-in ausgeführt, der Anwender klickt sich in der Praxis also nicht durch unzählige Presets, sondern erhält für jeden Raum ein separates Plug-in mit eigenständiger Oberfläche und Parameterset. Womit wir gleich zum ersten Kritikpunkt kommen: Brauchen neun Fader und drei Drehregler wirklich ein 780 x 540 Pixel großes Interface? Natürlich hat Lexicon die Darstellung durch Wasserfall-, Frequenz- und Impulsdiagramm aufgewertet, die vorbildliche Parametrisierung aber hätte man sicher kompakter gestalten können.
Einer der vielen Pluspunkte ist hingegen die Art und Weise, wie Lexicon die Flut an Parametern, die ein professioneller Hallalgorithmus nun einmal mitbringt, organisiert hat. Im Preset-Modus stehen nur die wichtigsten Hallparameter wie Predelay, Nachhallzeit, Diffusion, Erstreflexionen oder Dämpfung zur Verfügung. Öffnet man den Edit-Modus, erhält man Zugriff auf das Innere des Algorithmus: Raumgröße, Form, Reflexionen, Rückwürfe, Nachhall, Stereobreite – nahezu jeder wichtige Aspekt bei der Formung der Hallfahne kann detailliert angepasst werden. Nicht fehlen darf auch ein Filter zur Dämpfung. Je zwei Hoch- und Tiefpässe mit 6-dB- und 12-dB-Charakteristik, ein Bandpass sowie eine Bandsperre ermöglichen eine frequenzselektive Dämpfung der Hallfahne, was den Raum dumpfer, kompakter und realistischer klingen lässt.
Die Algorithmen
Kommen wir zum Kernstück der Suite, den Algorithmen. Mit Chamber, Hall, Random Hall, Plate, Vintage Plate, Concert Hall und Room hat Lexicon sieben klassische Räume aus dem PCM96 in das VST-Studio übertragen. „Chamber“ bezeichnet den Urvater des Hallraums, ein etwa mittelgroßes Zimmer mit ausgeprägten Reflexionen. „Hall“ simuliert den typischen Konzertsaal mit vergleichsweise späten Erstreflexionen und einer dichten Fahne. „Random Hall“ ist dem Konzertsaal sehr ähnlich, klingt aber kompakter, definierter und nicht ganz so bombastisch. Mit „Plate“ und „Vintage Plate“ finden auch zwei gute Plattenhall-Algorithmen ihren Weg in das Computerstudio, die nicht nur für Gitarrensounds, sondern gern auch für Vocals verwendet werden. Den Abschluss bildet mit „Concert Hall“ ebenfalls ein Konzertsaal – kleiner als „Hall“, jedoch mit einem komplexeren und volleren Klangaufbau – sowie „Room“, ein kleines Zimmer mit sehr intimer Akustik.
Showdown
Auf das Duell Hardware vs. Software haben viele Anwender im Computerstudio lange warten müssen. Eines gleich vorab: Es gibt sehr wohl hörbare Klangunterschiede zwischen dem PCM Native Reverb und der PCM-Hardware. Der typische Lexicon-Hall lässt sich generell als warm, weich, volumig, breit und dicht beschreiben, ohne dabei jedoch breiig oder körnig zu wirken. Klar, dass auch bei den Plug-ins dieser Charakter erhalten bleibt. Hörbare Unterschiede kann man aber in der Dichte der Hallfahne ausmachen: Während man sich bei der Hardware über kompakte, unmittelbare, ja fast „echte“ Erstreflexionen freut, scheint die Plug-in-Hallfahne etwas luftiger, durchsichtiger und dünner. Das muss jedoch kein Nachteil sein.
Fazit
Aus unserer Sicht liefert Lexicon mit dem PCM Native Reverb Bundle die derzeit wohl besten algorithmischen Hall-Plug-ins. Besonders überrascht dabei der geringe Ressourcenhunger. Auf einem 3-GHz-Pentium schluckt jede Instanz unter Last etwa vier Prozent VST-Leistung, auf einem gleichschnellen Core-2-Duo weniger als ein Prozent. Wer den wuchtigen Lexicon-Hall mag, für Hardware jedoch keinen Platz hat, kann hier sicher nichts falsch machen.
- großartiger Klang
- vorbildliche Parametrisierung
- geringer Ressourcenhunger
- iLok-Dongle nicht enthalten