Knapp 35 Jahre nach Erscheinen der TB-303 präsentiert uns Roland die TB-03, ein detailgetreuer Nachbau der legendären und stilprägenden Silberkiste. Mit der Boutique-Serie portierte Roland gleich mehrere Klassiker ins digitale Zeitalter. Aber wie schlägt sich der neue alte Klassiker im Beat-Test?
Die wundersame Geschichte der TB-303 dürfte bekannt sein. Die Kombination aus einem simpel aufgebauten Synthesizer und einem etwas ungewöhnlichen Sequenzer wurde von Roland 1982 als virtueller E-Bassist (gemeinsam mit der TR-606 als Drummer) zur Unterstützung für Gitarristen auf den Markt gebracht, aufgrund des wenig realistischen Klanges und der umständlichen Bedienung des Sequenzers aber alles andere als ein Verkaufsschlager. Als Folge verschwand die kleine Kiste schnell wieder aus den Regalen und wurde für wenige Dollar auf dem Gebrauchtmarkt verramscht. Sie landete schließlich in den Händen von mit wenig Geld, aber dafür umso mehr Kreativität ausgestatteten Musikern und Produzenten. Der Rest ist Geschichte. Die charakteristischen Sequenzen mit Slide, Accent und kreischender Resonanz sind nicht nur essenzieller Bestandteil jeglicher Acid-Stile, sondern haben die gesamte Techno-Bewegung maßgeblich beeinflusst. Als Folge war das Original immer seltener und zum zigfachen Neupreis auf dem Gebrauchtmarkt zu finden, was zu zahlreichen Nachbauten führte. Hierbei wurde zunächst nur der Synthesizerpart simuliert, gerade in den letzten Jahren sind aber auch einige Klone inklusive Sequenzer auf den Markt gekommen. Nachdem Roland vor ein paar Jahren mit der TB-3 eine moderne Fassung der Bassline im Rahmen seiner AIRA-Serie veröffentlicht hat, präsentieren die Japaner mit der TB-03 jetzt eine sehr dicht am Original angelehnte Boutique-Version.
Detailgetreue Nachbildung der TB-303
Zunächst zur Klarstellung: Die TB-03 arbeitet rein digital, Puristen brauchen also gar nicht weiter zu lesen. Wie bei den AIRAs TB-3, System 1/8, TR-8 und den anderen Boutique-Geräten JP-08, JU-06, JX-03, VP-03 und TR-09 bedient sich Roland dabei der Analog Circuit Behavior-Technologie (ACB), die eine originalgetreue Nachbildung analoger Schaltkreise verspricht.
In Bezug auf das äußere Design ist die TB-03 vom Original kaum zu unterscheiden – kein Wunder, schließlich muss Roland keine Marken- und sonstige Schutzrechte Dritter beachten. Mit 31 mal 13 mal 5 Zentimetern und einem Gewicht von rund einem Kilogramm ist die kleine Metallkiste nicht nur solide, sondern auch durchaus portabel ausgefallen. Batteriebetrieb und eingebauter Mini-Lautsprecher unterstützen dies noch. Die Bedienelemente entsprechen in Form und Layout dem Original, allerdings sind vier Regler hinzugekommen. Drei davon stellen die neuen eingebauten Effekte Delay und Verzerrer ein. Ein weiterer Regler dient der Werteveränderung in Verbindung mit dem ebenfalls neuen vierstelligen 7-Segmente-Display, hiermit wählen Sie zwischen verschiedenen Overdrive und Distortion-Algorithmen und wechseln von klassischem Delay-Effekt auf Tape oder Reverb. Etwas mehr Abstand zwischen den klangregelnden Potis für Cutoff, Resonance, Envelope Mod, Decay und Accent wäre zwar wünschenswert gewesen, aber das Schrauben funktioniert auch so ganz gut. Der Umschalter zwischen den Wellenformen Sägezahn und Rechteck ist jetzt direkt auf der Oberseite erreichbar. Der Volume-Regler ist dagegen auf die Rückseite gewandert, was wir bei der TB-03 noch lästiger finden als bei den anderen Boutique-Geräten. Denn bei Aufdrehen der Resonanz treten gerne einmal Pegelspitzen auf, die mangels eingebautem Limiter mit dem Volume-Regler abgefangen werden müssen. Die Bedienoberfläche kann mit dem Boutique-Dock auch zum Nutzer hin angeschrägt aufgestellt werden. Zudem ist die TB-03 wie seine Boutique-Geschwister kompatibel mit der Mini-Tastatur K-25m. Das sieht zwar zunächst etwas ungewohnt aus, dafür hat das Spielen durch eine klassische Tastatur aber durchaus auch seinen Reiz.
Roland TB-03: Neue Anschlussvielfalt
Zwar müssen Sie bei der Neuauflage auf den DIN-Sync-Eingang verzichten, dieser wurde durch einen Trigger-Eingang für Gate-Signale ersetzt. Er befindet sich ebenso wie die CV- und Gate-Ausgänge auf der Oberseite des Gerätes und ist als Miniklinke ausgelegt.
Auf der Rückseite finden Sie weitere Miniklinke-Anschlüsse für den Line- und Kopfhörerausgang. Daneben hat Roland auch einen Mix-Eingang eingebaut, über den Sie externe Signale (z.B. einen Drumcomputer wie die TR-09) unkompliziert auf den Ausgang durchschleifen können. Zur Verbindung mit MIDI-Equipment dienen zwei DIN-Buchsen. Der Micro-USB-Anschluss übernimmt neben der Stromversorgung auch die Kommunikation mit einem Computer. Hierüber werden nicht nur MIDI-Signale ausgetauscht, sondern die TB-03 kann auch als Audiointerface mit 44,1 oder 96 kHz Auflösung arbeiten. Auch dies kennen wir bereits von den anderen Boutiques, und es macht die TB-03 zu einem gern gesehenen Partner für Laptop-Nutzer. Leider greift bei der digitalen Übertragung der Volume-Regler nicht, sodass sich insbesondere bei hohen Resonanzwerten digitale Übersteuerungen nicht immer sicher vermeiden lassen.
TB-03-Sequenzer mit neuen Features
Der eingebaute Sequenzer der TB-303 hat maßgeblichen Anteil an den markanten, stets angenehm groovigen und lebendigen Basslines. Umso erfreulicher ist, dass Roland die auf den ersten Blick etwas komplizierte und schwer verständliche Programmierung unverändert übernommen hat. Denn das Spannende an dem TB-303 Sequenzer ist, dass man selten so richtig weiß, wie es im Endeffekt klingen wird. Ebenso positiv überrascht waren wir aber über die Option, die TB-03 auch im klassischen und leichter nachvollziehbaren Step-by-Step-Modus programmieren zu können. Die für den richtigen Groove so essenziellen Slide und Accent lassen sich natürlich in beiden Modi setzen. Schön ist auch, dass zwischen Schreib- und Abspielmodus unterbrechungsfrei umgeschaltet werden kann.
Ein Pattern besteht aus bis zu 16 Schritte. Der Speicher der TB-03 umfasst 96 Pattern und sieben Tracks, zwei Regler dienen zur Auswahl. Pattern können kopiert werden. Auch ein Zufallsgenerator ist seit Version 1.04 an Bord, Sie müssen hierfür also nicht wie beim Original umständlich die Batterie entfernen und wieder einsetzen.
Analog vs. Digital
Der Sequenzer lässt keine Wünsche offen, aber wie sieht es beim zweiten prägenden Merkmal typischer TB-303-Basslines aus, dem Klang? Roland hat ja bereits mit einigen Synthesizern bewiesen, dass die ACB-Technologie klanglich sehr nahe an die originalen Vintage-Klassiker kommen kann. Nach unserem subjektiven Empfinden klingt beispielsweise ein digitaler JU-06 „analoger“ als Korgs Minilogue mit tatsächlich analoger Klangerzeugung. Aber die Definition von analogem Sound ist natürlich hochgradig Geschmackssache. Hinzu kommt, dass bei der Original TB-303 nicht unbedingt die hochwertigsten Bauteile verwendet wurden. Ebenso wie z.B. beim Korg MS-20 klingt deshalb kaum ein Gerät genau wie das andere, selbst wenn es aus derselben Fertigungsserie stammt. Ein A/B-Vergleich hinkt daher meist, obwohl es bereits einige entsprechende Youtube-Videos gibt.
Aber auch ohne den direkten Vergleich mit verschiedenen TB-303 zeigte sich im Test relativ schnell, dass auch die TB-03 das legendäre Original nicht ersetzen kann. Zwar klingt die TB-03 überzeugend dynamisch und lebendig und nicht so statisch und nach Plastik wie manch anderer Digitalsynthesizer, Rolands Neuauflage fehlt im unteren Bereich aber ein wenig der Punch und die rohe Power der TB-303. Mit etwas Nachbearbeitung per EQ und Kompressor und anderem idealerweise analogem Outboard-Equipment lässt sich dies allerdings durchaus identisch nachrüsten, und bei niedrigen Resonanzwerten kamen wir so schon sehr nahe an den begehrten Klang heran. Schwierig wurde es dagegen, wenn die Resonanz aufgedreht wurde. Gerade in diesem Bereich verhält sich zwar schon jede TB-303 etwas anders; gemeinsam ist aber allen das Zwitschern, Pfeifen und Kreischen bei hohen Resonanzwerten, das so typisch für 303-Sequenzen ist. Hier kann die TB-03 ihre digitale Herkunft leider nicht ganz verbergen, und auch ein nachgeschalteter analoger Verzerrer reagiert hierauf anders als bei einer Original-TB-303. Der eingebaute Verzerrer hilft hier leider auch nicht weiter, da er ebenso wie das Delay einen recht deutlichen digitalen Einschlag aufweist.
Klang und Eignung der Roland TB-03
Dies bedeutet aber keinesfalls, dass die TB-03 schlecht klingt! Sie kann nur nicht in allen Details eine TB-303 klanglich ersetzen und muss sich diesbezüglich in Teilbereichen auch modernen analogen Nachbauten wie der TT-303 geschlagen geben. Dennoch lassen sich auch mit der TB-03 problemlos groovende Sequenzen erzeugen, wobei die optionale Step-Programmierung die Möglichkeiten noch erweitert. Da sich die TB-03 problemlos mittels USB oder MIDI spielen lässt (Accent wird bei Velocity-Werten größer als 100 ausgelöst), eröffnet dies dem Synthesizer zudem zahlreiche weitere Einsatzgebiete, die das Original nicht oder nur durch entsprechende Modifikationen erschließen konnte. So können Sie die TB-03 nicht nur für typische 303-Sequenzen einsetzen, sondern auch als soliden, leicht bedienbaren Bass-Synthesizer für monotone oder modulierte Sequenzen aus der DAW. Die eingebauten Effekte erweitern das Klangspektrum ebenfalls, auch wenn Ihnen ein wenig Charme und Wärme fehlen. Dank der CV/Gate-Ausgänge können Sie bei Bedarf auch noch zusätzlich einen analogen Klangerzeuger ansteuern und über den Mix-Eingang dazumischen.
Rolands Neuauflage bringt die TB-303 ins neue Jahrtausend. Bedienung und Funktionen wurden 1:1 vom Original übernommen und um sinnvolle Features wie USB-Interface, Effekte und Step-Programmierung ergänzt. Auch wenn klanglich nicht ganz das Original erreicht wird, ist die TB-03 ein gut klingender Bass-Synthesizer mit inspirierendem Sequenzer.
- solide Verarbeitung
- integrierte Effekte
- USB-MIDI-/Audiointerface
- TB-303-Sequenzer
- Step-Eingabe
- Random-Funktion
- simple Bedienung
- digitaler Klang der Effekte und Resonanz