Die EMS - Electronic Music School dürfte vor allem Beat-Lesern nicht zuletzt dank unserer gemeinsamen Song Starter-Rubrik ein Begriff sein, in der Jeyênne und Adrian regelmäßig Tutorial-Videos mit Downloads bereitstellen. Anlässlich des Jubiläums sprachen wir mit Geschäftsführer Jeyênne über die Entwicklung der letzten 15 Jahre und Zukunftspläne.
Im Interview gibt er spannende Einblicke in die Arbeit der EMS und erklärt, warum moderner “Musikunterricht” heute wichtiger ist denn je. Außerdem haben Beat-Leser die Chance auf einen Producer Kurs im Giveaway. Alle Infos dazu findest du am Ende des Artikels.

Beat / Moin Jeyênne, endlich 15! Also erstmal alles Gute zu eurem Jubiläum. Und gleich die erste Frage: Warum eigentlich die EMS? Was war 2010 der Grund der Gründung?
Jeyênne / Die Story der EMS - Electronic Music School ist auch ein Stück weit meine eigene. Als ich mal wieder in einem Kreativloch steckte, suchte ich nach einer Möglichkeit, weiterzumachen – aber ohne den Druck, ständig Clubhits schreiben zu müssen, nur um Gigs zu bekommen und meine Miete zu zahlen. Da ich schon immer gerne Wissen weitergegeben und neben der Musikproduktion regelmäßig gecoacht habe – unter anderem mit Drogensüchtigen, schwer erziehbaren Jugendlichen und als Motivationscoach – kam mir 2008 die Idee, eine Online-Schule bzw. Plattform für elektronische Musik zu gründen.
2009 traf ich auf Björn Torwellen, der heute die SINEE Community leitet. Er gab damals die ersten Ableton-Workshops in Tonstudios. Im April 2010 gründeten wir dann offiziell die EMS – mit einem Startbudget von gerade einmal 5.000 Euro. Das Geld war nach zwei Monaten aufgebraucht, und es folgte eine turbulente Zeit mit vielen Höhen und Tiefen. Doch wir machten weiter, immer mehr Schüler kamen hinzu, die Aufgaben wurden vielfältiger.
Beat / Wie hat sich die EMS seitdem entwickelt? Was waren die wichtigsten Meilensteine?
Jeyênne / Puh, willste wirklich alles wissen? Unsere erste Location war in der Südstadt, in einem alten Gebäudekomplex, den wir praktisch für uns allein hatten. Das Gebäude stand leer, wir konnten machen, was wir wollten, und ließen unserer Kreativität freien Lauf. Wir experimentierten mit Kursen und Workshops - einige Ideen funktionierten gut, andere scheiterten und wurden schnell verworfen.
Irgendwann wurde das Gebäude abgerissen, und plötzlich standen wir ohne Räume da. Doch aufgeben war keine Option. Wir hatten laufende Kurse und wollten keine Unterbrechung riskieren. Kurzerhand zog ich mit der EMS in ein Jugendzentrum in Köln-Mülheim. Dort standen uns ein leerer Raum mit zehn Stühlen und fünf Tischen zur Verfügung. Monitore und Beamer musste ich immer wieder aus einem Lagerraum ins Jugendzentrum transportieren - mehrmals pro Woche auf- und abbauen. Das war mühsam und frustrierend, kann ich euch sagen!
Ein halbes Jahr später fand ich endlich die heutigen Räumlichkeiten in Köln-Ehrenfeld.
Parallel dazu waren wir in Berlin in einem Hotel an der Friedrichstraße untergebracht. Ich pendelte zwischen Köln und Berlin und organisierte zusätzlich Workshops in München, Wien und Stuttgart. Wir suchten Locations, buchten Hotels und versuchten, möglichst kosteneffizient zu arbeiten – manchmal bedeutete das, am gleichen Tag noch zurückzufliegen oder mit dem Zug zu fahren.
Mit den neuen Räumen in Ehrenfeld wurde die EMS professioneller. Unser Team wuchs, es kamen immer mehr Dozenten und Gastdozenten dazu, und wir entwickelten nach und nach eine feste Struktur.
Auch in Berlin ging es weiter: Wir zogen zunächst in eine andere Schule in Friedrichshain, und unsere Kurse wurden immer voller. 2015 fanden wir schließlich unsere heutigen Räumlichkeiten in Berlin-Mitte. Dort baute ich gemeinsam mit meiner damaligen Freundin - mit der ich heute noch befreundet bin und die immer noch viel für die EMS in Berlin macht - das Studio auf. Nächtelang wurde gesägt, gehämmert und gebohrt, wir schliefen auf dem Boden. Es war unglaublich anstrengend, aber es hat sich gelohnt. Wenn du etwas liebst, gehst du bis an deine Grenzen – bis zur Erschöpfung.
Der Rest ist Geschichte. Dozenten und Mitarbeiter kamen und gingen. Ich habe viele großartige Menschen kennengelernt, von denen einige heute noch enge Freunde sind.
Seit der Gründung ist die EMS kontinuierlich gewachsen – so sehr, dass sie sogar in der Mongolei bekannt ist! Wir haben Schüler aus Mexiko, Brasilien, Chile einige aus Australien und Japan, die extra nach Berlin kommen unseren online Live Producer Kurse mitmachen. Viele ehemalige Team member der EMS sind heute Kollektivgründer oder Label Inhaber. Von Anfang an habe ich darauf geachtet, in kleinen Schritten zu wachsen, um nicht die Kontrolle zu verlieren. Natürlich habe ich Fehler gemacht, aber ich habe es geschafft, den Kurs zu halten. Was einst als Schnapsidee begann, ist heute die EMS, wie wir sie kennen.
Der einzige wirkliche Einschnitt war während der Corona-Pandemie - aber das ging ja vielen so. Auch das haben wir überstanden. Und ich bin wirklich stolz darauf, was aus der EMS geworden ist.
Beat / Welche Veränderungen hast du in der elektronischen Musikszene und -produktion seit der Gründung beobachtet?
Jeyênne / Musikalisch ist vieles gleich geblieben aber technisch hat sich einiges geändert. 2010 war die Auswahl an Plugins noch überschaubar, klanglich aber bereits solide. Heute, dank KI und cleverer Programmierung, sind wir an einem Punkt, den ich mir immer gewünscht habe – manche Plugins klingen einfach außerirdisch. Die Möglichkeiten sind inzwischen so überwältigend, dass ich mich manchmal fast darin verliere. Um das zu vermeiden, kehre ich immer wieder zum Kern des Tracks zurück, zum Gefühl, das ihn antreibt. So finde ich schnell die richtige Richtung.
Was ich kritisch sehe, ist der Einfluss von Social Media. Viele wollen nicht mehr elektronische Musik produzieren, weil sie sie lieben, sondern weil sie sehen, dass „Natasha Trixi“ und „DJ Oben Ohne“ Millionen Follower haben, im Privatjet um die Welt düsen und immer in die Kamera lächeln. DJ-Sets und Live-Acts werden inszeniert oder sogar gefaked – und das Tragische ist: Viele glauben es, kopieren es und machen es noch schlechter. Das zieht immer weitere Kreise. Aber was viele nicht verstehen: Ohne eine echte Basis endet diese Reise irgendwann. Wer elektronische Musik nicht wirklich begreift, bleibt auf der Strecke. Die wenigen, die es wirklich ernst meinen, setzen sich am Ende durch – und das völlig zu Recht.
Beat / Was macht die EMS einzigartig im Vergleich zu anderen Musikschulen?
Jeyênne / Wir sind familiär und nahbar, von Anfang an in der elektronischen Musik und Techno verwurzelt, kennen den Spirit und leben die eigentliche Message dahinter – genau darauf basiert unser Unterricht. Dabei nutzen wir Ableton Live und auch moderne Hilfsmittel wie KI, Cloud-basierte Plattformen und Abo-Modelle für lizenzfreie Samples, Loops und Presets. Klar, auch mal „Music for the Masses“, aber immer mit genug Tiefgang, sodass du dein ganzes Leben davon profitierst – nicht nur für eine kurzfristige Show, die schnell in Vergessenheit gerät.
Jeder, der einmal bei uns war, weiß: Hier gibt es 100 % Support – teilweise 12 Stunden am Tag und oft weit über die Kurse und Einzelcoachings hinaus. In spätestens fünf Monaten wirst du in der Lage sein, deinen Track professionell zu produzieren und abzumischen. Mein Ziel ist es, das absolute Maximum aus jedem Schüler herauszuholen. Und wenn sie dann da oben stehen, Tausende jubeln ihnen zu, und sie sagen können: *„Ich war bei Jeyênne in der EMS“* – dann ist das für mich und die Schule das Größte.
Beat / Social Media Präsenz ist alles, könnte man manchmal meinen. Zumindest aber sind sie wichtig, denn man muss seine Musik auch vermarkten. Neben dem Produzieren lernen die Schüler bei euch genau das, damit sie nicht nur im stillen Kämmerlein musizieren, sondern auch Fuß fassen in der Branche bzw. Szene. Kannst du uns von ein paar Erfolgsgeschichten ehemaliger Schüler erzählen, die heute in der Musikindustrie aktiv sind?
Jeyênne / Ach, da gibt es einige! Isabelle Beaucamp ist gerade supererfolgreich, genauso wie Mira Falkenstein aus Köln. Metaraph, der bei Bpitch Control von Ellen Allien unter Vertrag ist, tourt mittlerweile um die Welt. Elisa Elisa, Carmen Elektro hat ebenfalls unseren Producer-Kurs absolviert, und Toni Ba ist gerade erst von einer Südamerika-Tour zurückgekehrt. Dann gibt’s noch DJ Hyperdrive, Djingis Khan, Vero aus Holland… Das Sindex Label von Philine, Biliguudei aus der Mongolei oder Martinii aus Mexiko. Alle haben mindestens den Einsteiger-Producer-Kurs gemacht, viele auch die Fortgeschrittenen-Module, und einige haben zusätzlich noch den DJ-Kurs absolviert.
Und das sind nur ein paar Beispiele – es gibt noch viele weitere, die zumindest teilweise oder sogar komplett von der Musik leben können.
Beat / Wie hat sich das Kursangebot der EMS im Laufe der Jahre verändert und an neue Trends angepasst?
Jeyênne / Wir stehen in ständigem Austausch mit unseren DJs und Producern, die in renommierten Clubs weltweit auflegen oder live spielen. Außerdem bringen unsere Schüler kontinuierlich neue Trends mit in die Schule, die sie aufschnappen. Dadurch wissen wir oft genau, was in den Clubs gerade gut läuft, und können unser Kursangebot laufend an die Nachfrage anpassen – so bleiben wir immer am Puls der Zeit.
Beat / Welche Rolle spielt die Berliner Clubszene für die EMS und ihre Studierenden?
Jeyênne / Die EMS ist an zwei Standorten vertreten – in Köln und Berlin. Besonders Berlin bleibt trotz des spürbaren Clubsterbens ein kreativer Schmelztiegel für neue Musik und oft ein Trendsetter für die internationale Szene. Die Clubkultur der Stadt ist für unsere Studierenden eine unschätzbare Inspirationsquelle und ein praxisnahes Spielfeld. Hier erleben sie Trends und Sounds hautnah, knüpfen wertvolle Netzwerke und können ihre Produktionen direkt am Publikum testen. Viele von ihnen stehen bereits in Berliner Clubs hinter den Decks oder auf der Bühne und sammeln so essenzielle Erfahrungen.
Gleichzeitig fließen die Einflüsse dieser einzigartigen Szene direkt in unsere Kurse ein – sei es durch Dozenten, die selbst tief in der Clubkultur verwurzelt sind, oder durch exklusive Einblicke in die Mechanismen der Szene und der Branche.
Beat / Wie siehst du die Zukunft der elektronischen Musikproduktion und wie bereitet die EMS ihre Studierenden darauf vor?
Jeyênne / Wir sind gerade dabei, neue kurze Workshops wie die Producer Week zu etablieren, bei denen es darum geht, in einer Woche alle Skills eines Producers noch einmal aufzufrischen oder zu festigen. Das setzt aber schon zumindest Einsteigerkenntnisse voraus. Zusätzlich veröffentlichen wir gerade kostenlose kurze Tutorials. Zurzeit probieren wir ein bisschen herum, da wir nicht einfach das Gleiche machen wollen wie alle anderen.
Unsere Stärke bleiben jedoch nach wie vor die Offline-Kurse. Viele kommen zu uns und sagen, dass sie von Tutorials gelangweilt sind, da diese nicht effizient und nachhaltig genug sind. Sie wollen vor Ort lernen oder Online-Kurse in Echtzeit, also live, besuchen, bei denen sie die Möglichkeit haben, aktiv mitzumachen. Das hat den gleichen Effekt wie bei KI: Offline oder in der Gruppe macht es einfach mehr Spaß, und du produzierst ganz anders.
Natürlich werden wir auch immer mehr KI-unterstützte Plugins nutzen und in unsere Kurse integrieren, aber wie schon erwähnt, wird KI nicht den gesamten Produktions-Workflow übernehmen. Wenn es dir nur ums schnelle Geld geht, kannst du schon jetzt ganze Tracks mit KI produzieren.
Wenn ich ein Musikstück mit KI generieren möchte, aber nicht weiß, was ich eingeben muss, muss ich lernen, wie man die richtigen Melodien, Rhythmen und Akkorde zusammenstellt, was Tempo und Stimmung damit zu tun haben, um den Kern der Musik zu verstehen. Wenn du also als Producer, Künstler und DJ ernstgenommen werden willst, dann lerne, Produzieren *from scratch*. Und der Spaßfaktor ist dabei immens!
Beat / Wenn du auf die letzten 15 Jahre zurückblickst, was macht dich am meisten stolz?
Jeyênne / Drei Dinge: 1. Die vielen Schüler, die durch die EMS ihre DJ- oder Producer-Karriere gestartet haben und immer noch erfolgreich sind. 2. Mein Team und ich haben die beiden Standorte in Berlin und Köln sicher durch die Corona-Krise gebracht und trotz zahlreicher Herausforderungen durchgezogen. 3. Ich bin sehr stolz darauf, dass sich die EMS stetig weiterentwickelt, mit der Zeit geht und die Zukunftsaussichten durchweg positiv sind – auch im klassischen Producing.
Wer sich derzeit wegen KI-Produzenten Sorgen macht, sollte entspannen: Die eigene Arbeit und der eigene Branchenzweig sind auch in Zukunft sicher.
Die EMS wird 15: Dein Start in die elektronische Musikproduktion – mit Gewinnspiel!
Zum 15 jähriges Jubiläum verlost die EMS einen kompletten Producer Kurs und eine DJ Week! Mache mit unter www.em-school.com/beat. Die Verlosung findet am 15.04.2025 statt, die Gewinner werden per E-Mail benachrichtigt.