Test

Grüße von Kraftwerk & Co.: iZotope VocalSynth im Test

Popstar, Roboter oder Monster? Mit VocalSynth soll man seine Stimme in alle nur erdenklichen Richtungen verbiegen können. Das klingt nach einem Pflichtkauf für jeden Produzenten und Sounddesigner, oder etwa nicht? Henning Schonvogel macht den Praxis-Test!

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Sprache und Gesang durch Effekte zu verfremden, ist in der modernen Musikwelt fast schon eine Selbstverständlichkeit. Besonders Vocoder, Harmonizer und Talkboxen sind sehr beliebt. Alternativ zu Vokalisten aus Fleisch und Blut werden, speziell in elektronischen Genres, gerne Wortfetzen von Sprachsynthesizern eingesetzt. Ein berühmtes Beispiel ist der Lerncomputer Speak & Spell mit seiner auf LPC-Sprachchips basierenden Klangerzeugung. iZotopes VocalSynth vereint den Sound all dieser berühmten Audiowerkzeuge in einem Plug-in. Eine automatische Tonhöhenkorrektur soll schiefe Gesangspassagen selbstständig gerade rücken. Zur Nachbearbeitung sind Verzerrer, Multimode-Filter, Gitarrenverstärker-Simulation, Stotter-Effekt und Echo enthalten.

Eckdaten
  • Effekt-Software für Stimme und Gesang
  • Auto-, MIDI- und Sidechain-Betriebsarten
  • Tonhöhen-Korrektursystem
  • drei Stimmengeneratoren
  • Polyfox-Harmonizer
  • Vocoder
  • Compuvox-LPC-Stufe
  • Talkbox
  • Verzerrer
  • Multimode-Filter
  • Gitarrenverstärker-Simulation
  • Stotter-Effekt
  • Echo
  • X/Y-Pad

Struktur

Am Eingang des VocalSynths lässt sich Audiomaterial zunächst durch die Tonhöhenkorrektur auf Linie ziehen. Als Vorgabe für diese Arbeit kann man eine Dur- beziehungsweise Moll-Tonleiter auswählen oder sich seine eigene Notenkombination zusammenstellen. Um störende Artefakte zu vermeiden, sollte zudem definiert werden, in welchem Frequenzbereich sich die zu bearbeitenden Signale bewegen. Ferner lassen sich Eingriffsstärke und Geschwindigkeit regulieren. Extremwerte führen zum berüchtigten Chér-Effekt, allerdings nur kurzzeitig und vergleichsweise subtil. Ein Ersatz für Autotune ist VocalSynth also nicht. Anschließend wird das Audiomaterial ins Herz des VocalSynths geleitet, bestehend aus den Stufen Polyvox, Vocoder, Compuvox und Talkbox. Sie sind parallel verschaltet, ihre Ergebnisse lassen sich in einem Mixer zusammenfügen. Zusätzlich liegt hier das lediglich durch die Tonhöhenkorrektur veränderte Ausgangsmaterial an.

Flexibel

VocalSynth lässt sich auf drei unterschiedliche Arten nutzen. Ist die Betriebsart „Auto“ aktiv, ermittelt das Plug-in die Tonhöhe von eingehenden Signalen selbstständig. Die gewonnenen Erkenntnisse werden an die Bearbeitungsstufen weitergereicht. Ergänzend zum Originalmaterial kann man bis zu drei weitere Stimmen generieren. Sie lassen sich, in Halbtonschritten, um bis zu eine Oktave nach oben oder unten verstimmen. Ihr Pegel ist einzeln justierbar.

Im zweiten Modus wartet VocalSynth auf einzelne MIDI-Noten oder Akkorde, um seine Arbeit zu verrichten. Die Zusatzstimmen stehen hier nicht zur Verfügung. Mit der dritten Betriebsart kann man externe Klangerzeuger, via Sidechain, als Lieferanten von Carrier-Signalen einsetzen. In den anderen Modi werden hierfür interne Wavetable-Oszillatoren verwendet. Die Polyvox-Stufe ist in dieser Betriebsart inaktiv.

Außerirdisch

Hinter dem Namen Polyvox verbirgt sich ein Harmonizer mit modern-sauberem Sound. Formanten lassen sich um ±12 Halbtonschritte verschieben, Charakter- und Humanize-Parameter erlauben weitere Klanganpassungen. Die Ergebnisse reichen von künstlich bis realistisch. In Verbindung mit den drei Stimmgeneratoren kann man fetzige Pop-Chöre kreieren.

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Der Vocoder ist überaus vielseitig. Sein Grundsound wird durch die drei Betriebsmodi Hard, Smooth und Vintage sowie den internen Wavetable-Oszillator mit seinen zehn Presets festgelegt. Weitere Stellgrößen geben Zugriff auf die Frequenzbänder und die Ansprechzeiten des Effektes. Egal ob klare, kratzig-raue oder verstimmte Roboterstimmen gewünscht werden, mit diesem Setup lassen sich Stimmen schnell und effizient in jede Richtung verdrehen.

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Compuvox bildet die LPC-Sprachchip-Synthese nach, nur kann man hier direkt Wörter einsprechen. Sehr praktisch. Erneut stehen drei Betriebsarten (Spell, Read, Math) bereit. Auch ein Oszillator ist vorhanden, Preset-Namen wie „Your Base“ oder „Skynet“ deuten auf die Anwendungsmöglichkeiten hin. Ergänzend gibt es Parameter nach Vorbild eines Bitcrushers und einen Bat(man)-Regler. Er fügt Signalen bedeutungsschwangeres Röcheln hinzu. Die Resultate können erstaunlich nahe an klassischen Sprachcomputern liegen, es lassen sich aber auch innovative Sounds zaubern.

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Die Talkbox hat ebenfalls drei Betriebsarten und einen Oszillator an Bord. Neben den klassischen Stellgrößen Drive und Speaker gibt es einen Formant-Regler. Dieser gehört sonst nicht zum Konzept einer Talkbox. Die Ergebnisse wirken gegenüber der Hardware recht neumodisch.

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Die fünf abschließenden Effekte, im Einzelnen Verzerrer, Multimode-Filter, Gitarrenverstärker-Simulation, Stotter-Algorithmus und Echo, sind dem Mixer nachgeschaltet. Ihr sehr guter Parameterumfang und sauberer Sound machen auch sie vielseitig einsetzbar. Nur flexibleres Routing und Modulations-Elemente wären schön gewesen. Es gibt lediglich ein X/Y-Feld.

Fazit

Mit VocalSynth ist iZotope ein großartiges Werkzeug zur Manipulation von Stimmen gelungen. Egal ob klassische oder moderne Effekte, wenige Handgriffe reichen aus, um Sprache und Gesang wohlklingend zu verformen. Neben menschlichen Schallquellen kann man das Plug-in auch sehr gut für etwa Drumloops, Pads oder Bässe einsetzen. Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt.

Dieser Artikel ist in unserer Heft-Augabe 128 erschienen.

Bewertung
Name
iZotope VocalSynth
Pro
  • umfangreiche Effekt-Auswahl
  • gut funktionierende Tonhöhenkorrektur
  • wohlklingender Harmonizer
  • flexibler Vocoder
  • Speak-&-Spell-Effekt
  • moderne Talkbox-Emulation
  • fünf Zusatzeffekte
  • einfache Bedienung
Contra
  • unflexibles Routing
  • keine Modulatoren
Preis
199 EUR
Bewertung
(92%)
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