Fans des Originals werden jetzt vermutlich jauchzen, während andere sich am Kopf kratzen und fragen, warum man einen Sequenzer aus dem Jahre 1981 ins Rack bauen sollte. Klare Sache, die 303 ist nicht nur für ihren Sound alleine berühmt, sondern auch für die eigenwilligen Patterns, vor allem dank ihrer charakteristischen Slides und Accents. Und mit einem solchen Sequenzer lassen sich diese mit jedem beliebigen Sound verwenden. Letztlich also die ultimative Hookline-Maschine?
Feature-Übersicht
Die Patterns des Moduls sind bis zu 16 Steps lang und enthalten einen Notenwert pro Schritt, womit an sich auch schon alle Gemeinsamkeiten mit anderen Sequenzern abgefrühstückt sind. Zusätzlich lässt sich jeder Schritt per Up oder Down eine Oktave transponieren sowie mit Slide und Accent versehen. Im Gegensatz zum üblichen Portamento anderer Sequenzer startet der 303-Slide nicht erst am Ende der Note, sondern an deren Anfang und verlängert außerdem den aktuellen Step bis in den nächsten. Dies ist eine vereinfachte Erklärung, denn die wahre Magie hinter den Slides ist noch komplexer und eben genau darum auch so einzigartig und berühmt. Da Chronovore keine eigene Sounderzeugung besitzt, hängt die Auswirkung der Slides stark von der Programmierung der verwendeten Module ab.
Accent wiederum sendet einen einfachen CV-Impuls, der sich mit einem beliebigen Parameter verbinden lässt, etwa der Filterresonanz, wenn das Ergebnis Richtung 303 klingen soll. Ausgegeben werden Gate, Pitch, Accent und an Eingängen bietet das Modul Run, Clock und MIDI, womit sich das Modul zu externen Quellen synchronisieren lässt. Für den MIDI-Input liefert der Hersteller ein Adapterkabel mit, sodass jede beliebige MIDI-Quelle den Takt angeben kann.
Der (biestige) Sequenzer
So weit, so gut und vermutlich noch verständlich. Deutlich anspruchsvoller wird die Materie, sobald es an die Pro- grammierung der bis zu 32 Patterns geht. Wo andere eine Nummer des aktuellen Steps anzeigen und auf Eingabe warten, schlägt beim Chronovore die ganze Eigenwilligkeit des 303-Originals zu Buche.
Der Sequenzer unterscheidet einerseits zwischen Tracks und Patterns, wobei die sieben Tracks eine Art Song-Modus bieten, in dem sich Patterns in Reihe schalten lassen. Bei den Patterns wiederum wird unterschieden zwischen Normal- und Pitch-Mode. Ersterer ist für die Wiedergabe zuständig, Letzterer für die Eingabe von Noten, Slides und Accent. Diese Betriebsart lässt sich allerdings auch nur dann aufrufen, wenn sich das Pattern im Schreibmodus befindet. Da der aktuelle Schritt in keiner Form angezeigt wird, geht die Übersicht schneller verloren und das Nachbearbeiten von bestehenden Patterns ist zwar machbar, aber nur extrem umständlich. Wer noch nie zuvor eine 303 benutzt hat, wird hier also schnell verzweifelt vor dem Modul sitzen, denn die Programmierung ist alles andere als selbsterklärend. Im Gegenteil, es gibt noch weitere Eigenheiten, auf die wir aus Platzgründen zwar nicht eingehen, doch das Fazit ist das gleiche: Einige Stunden zum Einarbeiten und Üben sind Pflicht, sonst wird Ihnen das Modul nicht den gewünschten Spaß bringen. Leider existiert zum aktuellen Zeitpunkt noch kein offizielles Handbuch, weswegen der geneigte Nutzer auf Tutorials des Originals zurückgreifen muss.
Die Vorteile
Hat man die Hürden der Programmierung bezwungen, geht aber die Sonne auf, denn dann zeigt das Modul seine wahre Stärke: die typischen Hook-, Bass- und Acid-Lines der TB-303. In unserem Test haben wir den Sequenzer mit verschiedenen Klangerzeugern verbunden und waren einerseits beeindruckt, wie sehr ein gewöhnlicher A-111-Oszillator von Doepfer nach 303 klingen kann, wenn er von der passenden Sequenz bespielt und beispielsweise die Filterresonanz per Accent gesteuert wird. Andererseits waren wir begeistert von den Resultaten, die der Chronovore zusammen mit Plaits von Mutable Instrument liefert, wenn Accent die Klangerzeugung wechselt oder den FM-Regler beeinflusst.
Chronovore ist ein sehr spezielles Tool. Der Sequenzer ist extrem authentisch und damit Fluch und Segen zugleich. Denn im Jahr 2021 fühlt sich diese komplizierte Art von Pattern-Programmierung nicht nur oldschool an, sondern ist umständlich und beschränkt somit den Kreis der Nutzer ausschließlich auf puristische 303-Fans. Auf der Habenseite stehen die originalgetreuen und einzigartigen Ergebnisse, denn mit modernen Sequenzern würde man vermutlich nie exakt solche Patterns erstellen. Und hat man sich mal in die Funktionsweise reingefuchst, kommt der Spaß auch nicht zu kurz. Wer auf 303-Sequenzen steht, wird an dem kompromisslosen Modul große Freude haben.
- authentische Patterns
- Speicherplätze
- umständliche Bedienung
- Verarbeitung