Sie sind weit verbreitet und entbehren sich jeglicher Wahrheit oder wissenschaftlicher Belegbarkeit, halten sich aber dennoch hartnäckig. Doch wir machen jetzt klar Schiff und widerlegen die gängigsten Gerüchte zur Studioakustik, die noch weit über das Mythos „Eierkartons“ hinaus gehen.
Akustikmodule selber bauen ist billiger
Natürlich kann man sich selber Materialien kaufen, um Akustikmodule zu bauen, gerade einfache Absorber oder Bassfallen sind handwerklich sicher für viele machbar. Wenn man wirklich begabt ist und gute Werkzeuge zur Verfügung hat, können diese sogar gut aussehen. Bedenkt man die Planungs- und Fertigungszeit und preist die eigene Arbeitszeit ein, bekommt man einen realistischeren Preis. Sollte man gerade viel Freizeit haben, kann der Selbstbau sicherlich ein erfüllendes Projekt sein. Den reinen Materialwert gegenzurechnen ist aber natürlich kein Fairer Vergleich. Außerdem sind Diffusoren, Druckbassfallen und andere aufwendigere Module natürlich nicht so einfach selbst gebaut.
Ein letzter nennenswerter Unterschied ist natürlich die fachmännische Beratung und die Verlässlichkeit kommerzieller Module, ein getestetes kommerzielles Modul bietet eine definierte Leistung, Selbstbauprojekte.
Teppiche, Vorhänge und andere Möbel sind Absorber
Zuerst einmal, natürlich absorbieren Vorhänge, Teppiche, Kissen, Möbel und dergleichen Schall. Allerdings beginnt diese Absorption immer erst relativ hoch im Frequenzspektrum, Vorhänge oder Teppiche z. B. wirken erst in den oberen Mitten oder Höhen. Couch oder Sesselmöbel beugen Schall und absorbieren auch etwas tiefer, trotzdem ersetzen sie zum Beispiel keine Bassfallen. Wenn wir einen Raum mit Möbeln einrichten, beruhigt sich dieser akustisch, der Nachhall (vor allem im oberen Frequenzbereich) wird reduziert und der Raum klingt angenehmer.
Geht es um Monitoring, also professionelles abhören, ist aber vor allem der Bereich von 20Hz bis 5kHz besonders relevant, demnach kann man richtige Absorber und Bassfallen nicht durch Möbel ersetzen, allerdings würde ich bei der Planung eines Raums mit viel Teppich und Vorhängen etwas anders vorgehen um die Höhen nicht zu stark zu absorbieren.
Ein Regal (mit Büchern oder Platten) dient als Diffusor
Vermutlich eines der ältesten und hartnäckigsten Gerüchte zum Thema Raumakustik. Schauen wir uns erst mal an was einen Diffusor ausmacht: Diffusoren werden aus schallharten Materialien gefertigt, basieren auf einer mathematischen Sequenz und zeichnen sich durch variierende Vertiefungen / Spalten und Öffnungen aus die dieser Sequenz folgen. Ein Regal erfüllt erst mal nur eine dieser Anforderungen, es ist aus schallharten Materialien gefertigt. Nun wird oft behauptet, dass durch das platzieren von Büchern oder CD’s oder Schallplatten das Regal zum Diffusor wird. Dem ist natürlich nicht so, nicht nur, weil eben nichts berechnet wurde, sondern auch, weil Abstände und Vertiefungen ganz anders aussehen müssten, um einen effektiven Diffusor, der über einen weiten Frequenzbereich wirkt zu bilden. Schaut man sich Diffusoren an, wird schnell klar, warum dem so ist.
Pflanzen wirken wie Diffusoren
Tatsächlich ist auch das, wenn man die Definition eines Diffusors betrachtet, nicht möglich. Es gibt allerdings Forschung zum Thema, die belegt, dass Pflanzen absorbierend wirken und die Nachhallzeit in Räumen senken. Natürlich sind Pflanzen auch keine Akustikmodule, aber Büroräume, Wohnräume etc. können Sie akustisch vorteilhaft beeinflussen.
Jeder Raum braucht Diffusoren bzw. viel Diffusion
Reine Diffusion macht in vielen Räumen einfach keinen Sinn, vor allem wenn die Räume nicht groß genug sind. Zum einen haben manche Diffusorentypen wie QRD Diffusoren gewisse Mindestabstände, die man einhalten sollte, zum anderen sind die meisten Reflexionen in kleinen Räumen Erstreflektionen. Diese mit Diffusion zu behandeln ist in einem Studiokontext nicht förderlich. Erstreflektionen sollten idealerweise absorbiert werden, benutzt man Diffusoren nimmt man zwar Einfluss auf diese Erstreflektionen, entfernt sie aber nicht. Somit wird das Originalsignal, also der Klang unserer Lautsprecher, beeinflusst. Oft liest man, Diffusion lasse Räume “größer” erscheinen. Dies bezieht sich vor allem darauf, dass im hinteren Bereich des Raums, durch Diffusion Reflexionen verzögert werden. Heißt, die Reflexionen kommen später bei uns an, als es für einen Raum dieser Größe zu erwarten wäre. Unser Gehirn hat hierfür ein minder oder mehr gutes Gespür. Somit ist der Effekt erst mal vorhanden, allerdings funktioniert das Ganze nicht in kleinen Räumen, da hier nicht genug Platz vorhanden ist, damit die Diffusion richtig funktionieren könnte. Kleine Räume mit Diffusion größer wirken lassen, ist also ein Mythos.
Symmetrie ist schlecht
Symmetrie ist ganz klar der Schlüssel. Gerne wird behauptet, dass Symmetrie problematisch sei, aber das ist grundlegend falsch. Ohne Symmetrie ist lineares Abhören absolut unmöglich. In vielen Situationen geht es also darum, die nicht vorhandene Symmetrie zu schaffen.
Fenster machen nur Probleme
Fenster sind hinter den Lautsprechern immer am wenigsten problematisch. Bei den meisten Lautsprechern strahlen nur tiefe Frequenzen, maximal untere Mitten hinter den Lautsprecher. Diese dringen durch Glas hindurch. Wenn Fenster an den Seitenwänden sind und diese in den Bereich der Erstreflexionen fallen, macht es Sinn, hier frei stehenden Module sogenannten Gobos einzusetzen. Ist das Fenster weiter hinten im Raum, kann man oft auch nur die Wand gegenüber mit Modulen ausstatten. Fenster an der Rückwand sind im Idealfall zu vermeiden.