Klassischer Sound im modernen Gewand: Für den OB-6 haben Dave Smith und Tom Oberheim ihr geballtes Fachwissen zusammengeworfen, um einen der besten Analogsynthesizer aller Zeiten zu schaffen. Mit Erfolg?
- polyphoner Analogsynthesizer
- sechs Stimmen
- Klaviatur mit vier Oktaven
- Anschlagdynamik & Aftertouch
- Pitch- und Mod-Räder
- zwei VCOs plus Sub-Oszillator
- variable Wellenformen
- Sägezahn, Dreieck, Puls
- Hard-Sync-Option
- LFO-Modus für Oszillator zwei
- weißes Rauschen
- Multimode-Filter nach SEM-Vorbild
- Flankensteilheit: 12 dB/Oktave
- Key-Tracking
- zwei ADSR-Hüllkurven
- LFO mit fünf Wellenformen
- X-Mod-System
- Arpeggiator
- polyphoner Step-Sequenzer
- bis zu 64 Schritte
- Stereo-Verzerrer
- dualer Multieffekt-Prozessor
- 500 Presets/User-Programme
Der OB-6 ist ein polyphoner Synthesizer mit vollständig analogem Signalfluss. Bei der Entwicklung seiner Oszillator- und Filterschaltungen haben sich Dave Smith und Tom Oberheim stark am klassischen SEM-Design orientiert. Auf ihm basiert nicht nur das gleichnamige Desktop-Modul, sondern auch spätere Kult-Boliden wie OB-8 oder Matrix-12. Es ist für überaus warmen, kraftvollen Sound bekannt. Sechs Stimmen stehen bereit. Jede verfügt über zwei VCOs plus Sub-Schwingkreis, ein Multimode-Filter und eine Verstärkersektion. Des weiteren sind, pro Synthesestrang, zwei Hüllkurven vorhanden. Ergänzend gibt es einen global arbeitenden LFO. Dank dem X-Mod genannten Routing-System lassen sich zudem auch Oszillatoren für Modulationen nutzen. Zur Veredelung von Klängen sind zwei Multieffekt-Prozessoren und ein Stereo-Verzerrer an Bord. Um kreative Einfälle bestmöglich zu unterstützen, wurden ferner ein Arpeggiator und ein polyphoner Sequenzer eingebaut. Kurz: Der OB-6 vereint die Vorzüge traditioneller Oberheim-Klangerzeuger mit top-modernen Features. Die Geburt einer Legende?
Reduziert
Verglichen mit Klassikern wie OB-8, OB-X oder Matrix-12 ist DSIs Neuer fast schon ein Winzling. Die Maße betragen kompakte 81 mal 32 mal 12 Zentimeter, das Gewicht liegt bei schlanken zehn Kilogramm. Das dunkle Gehäuse besteht komplett aus Metall, Walnussholz-Seitenteile verleihen dem Instrument eine gesunde Portion Vintage-Charme. Potis, Endlos-Encoder und Taster sind von exzellenter Qualität. Sie können MIDI-CC- oder NRPN-Nachrichten senden, umgekehrt lassen sich die hinterstehenden Syntheseparameter durch genannte Befehlsarten fernsteuern. Die Drehregler sind zwischen mehreren Verhaltensweisen umschaltbar. Bei der vier Oktaven umfassenden Klaviatur war Dave Smith und Tom Oberheim das Beste ebenfalls gerade gut genug. Die Tasten lassen sich hervorragend spielen, ihre Anschlagdynamik kann auf die Hüllkurven in positiver wie auch negativer Richtung einwirken. Für Aftertouch-Zuweisungen wurde dem OB-6 gleich eine ganze Bediensektion spendiert. Als Ziele stehen die Tonhöhen der VCOs, LFO-Intensität, Lautstärke, Filter-Frequenz und Filtermodus bereit. Transpositionen sind auf der Oberfläche um bis zu ±2 Oktaven machbar. Über ein Menü sind Verstimmungen in Halbtonschritten und Cents möglich. Neben dem chromatischen Standard gibt es 16 alternative Stimmungs-Modi. Sie können via Sysex ausgetauscht werden. Natürlich dürfen Pitch- und Mod-Räder bei einem echten Performance-Instrument nicht fehlen. Erstgenanntes lässt sich in seiner Spannweite justieren.
Integration
Da alle Parameter direkt mittels der Oberfläche des OB-6 erreichbar sind, ist ein Editor nicht nötig. Für Firmware-Updates und MIDI-Daten hält die Neuerscheinung dennoch eine USB-Buchse bereit. Ergänzend gibt es ein DIN-Trio. Als weitere Steuereingänge sind vier Pedal-Schnittstellen vorhanden. Sie teilen sich in zwei Expression-Ports für Lautstärke- und Filter-Variationen sowie zwei Schalter für Sustain- und Sequenzer-Kontrolle auf. Letztere lassen sich, via Global-Menü, auf verschiedene Eingangssignale und Arbeitsweisen vorbereiten. Audiosignale werden von zwei Line- und einem Kopfhöreranschluss im 6,3-mm-Klinkenformat ausgespielt. Die Stromversorgung erfolgt via Kaltgerätekabel. Ab Werk ist der OB-6 mit 500 vorgefertigten Presets ausgestattet. 500 weitere Sounds lassen sich im internen Nutzerspeicher ablegen.
Dave Smith Instruments OB-6: Die Oszillatoren
Die Oszillatoren verfügen über die Wellenformen Sägezahn und Puls, Zweitgenannter lässt sich frei in seiner Breite abwandeln. Der zweite VCO bringt zusätzlich eine Dreieck-Schwingung mit. Anstatt zwischen Wellen umzuschalten, lassen sie sich frei überblenden. Um den Klangfundus weiter zu erhöhen, wurde eine Hard-Sync-Funktion integriert. Die Stimmung der Oszillatoren lässt sich in Halbtonschritten von C0 bis C5 variieren. Der zweite Soundgenerator hat zusätzlich eine Detune-Option für Feineinstellungen dabei. Ferner gibt es einen Detune-Regler, mit dem man schwankende Verstimmungen zum Klangbild hinzufügen kann. In kleinen Portionen verleiht dieser Parameter dem Instrument ein wenig mehr Vintage-Charakter. Hohe Werte führen zu sehr schiefen Ergebnissen. Natürlich sind auch Portamento- und Unison-Funktionen an Bord. Noch nicht erwähnt wurden die Möglichkeiten, den zweiten Schwingkreis vom Keyboard abzukoppeln und/oder in einen tieffrequenten Modus zu versetzen. Diese Einstellungen sind hauptsächlich für das X-Mod-System gedacht. Doch hierzu gleich mehr.
Ergänzend zu den Haupt-VCOs hat der OB-6 einen Sub-Oszillator dabei. Er arbeitet eine Oktave unterhalb des ersten Soundgenerators und gibt eine Rechteckwelle aus. Darüber hinaus gibt es weißes Rauschen. Sämtliche Signale werden von einem Mixer gebündelt, anschließend geht es weiter in Richtung Filter.
Wohlig
Die VCOs des OB-6 überzeugen durch extrem breiten, sanften Sound. Sie liefern eine hervorragende Grundlage für gefühlvolle Leads, wabernde Pads und dicke, gutmütig-treibende Bässe. Mithilfe der Sync-Funktion lassen sich auch Dinge wie hohle oder leicht metallische Ergebnisse realisieren. Schaltet man die Keyboard-Funktion vom zweiten Oszillator ab, lassen sich auch schiefe, aber trotzdem noch stimmig wirkende Sounds erzeugen. Der Sub-Schwingkreis fügt Klängen ordentlich Tiefgang hinzu, ohne den weichen Grundcharakter aufzuweichen. Aggression ist mit den VCOs des OB-6 kaum machbar. Das weiße Rauschen klingt analog-organisch, ergänzend wäre eine pinke Variante schön gewesen.
Dave Smith Instruments OB-6: Filter, Hüllkurven und Co.
Als Filter haben die Stimmen des OB-6 eine Multimode-Schaltung spendiert bekommen. Man kann sie frei zwischen Tiefpass-, Kerb- und Hochpass-Charakteristik überblenden. Alternativ lässt sich ein Bandpass-Modus aktivieren. Die Flankensteilheit liegt bei 12 dB pro Oktave. Extremeinstellungen der Resonanz führen nicht zur Selbstoszillation des Filters, sondern spitzen Sounds „nur“ heftig an. Die Resultate bleiben stets breit und musikalisch, umliegende Frequenzbereiche werden nie merklich ausgedünnt. Der Grundsound ist extrem fett und rund, mit anderen Worten die perfekte Ergänzung zu den soften Oszillatoren. Dedizierter Modulator ist die erste Hüllkurve. Sie verfügt über ADSR-Parameter. Zudem kann man, wie schon erwähnt, auf die Anschlagstärke Einfluss nehmen. Ferner lässt sich Keytracking mit einer Stärke von 50 oder 100 Prozent anwenden.
Nachgeschaltet folgt in jedem Synthesestrang ein Verstärker. Er wird durch die zweite Hüllkurve gesteuert, erneut handelt es sich um eine ADSR-Schaltung mit Anschlagdynamik-Option. Die Zeitwerte sind eher gemütlich, ein Spezialist für Drum-Sounds ist der OB-6 also nicht. Dennoch eignet sich der Synth durchaus für ein paar interessante Percussion-Sounds. Abschließend folgen ein finaler Lautstärkeregler und ein Spread-Poti. Mit Letzterem kann man die einzelnen Stimmen des Instrumentes im Stereofeld aufteilen. Ein simples, aber überaus effektives Werkzeug, um die Klänge im Mix herausstechen zu lassen.
Wobble
Der globale LFO des OB-6 bringt die Wellenformen Sinus, aufsteigender und abfallender Sägezahn, Rechteck sowie Zufall mit. Seine Intensität lässt sich frei regeln. Als Ziele stehen die Tonhöhe der ersten und/oder zweiten Oszillatoren, ihre Pulsweiten, Grenzfrequenz und Modus der Filter sowie die Lautstärke der Verstärker bereit. Die maximale Geschwindigkeit des LFOs ist vergleichsweise langsam. Sie kann via MIDI-Clock synchronisiert werden.
X-Faktor
Weitere Beeinflussungen von Parametern lassen sich mithilfe des X-Mod-Systems realisieren. Als Modulatoren stehen die Filter-Hüllkurve und der zweite VCO bereit. Sie können in positiver wie auch negativer Richtung angewandt werden. Die Ziele umfassen Tonhöhe, Wellenform und Pulsweite des ersten Oszillators, Filterfrequenz, Variationen zwischen Tiefpass-, Notch- und Hochpass- sowie eine Überblendung zwischen „normalem“ und Bandpass-Modus. Die Ergebnisse fallen dementsprechend vielfältig aus. Mit Kombinationen der Schwingkreise lassen sich zum Beispiel verstimmte Leads nach Vorbild von Aphex Twin bewerkstelligen.
Die Effekte des Dave Smith Instruments OB-6
Die Effekt-Blöcke sind die einzigen Digitalbausteine im Signalfluss des OB-6. Dank True-Bypass wird der komplett analoge Anspruch von Dave Smith und Tom Oberheim nicht aufgeweicht. Die Schaltungen arbeiten mit einer Auflösung von 24 Bit und 48 kHz. Der erste Block verfügt über die Algorithmen Eimerketten-Echo, Digital-Echo und Chorus sowie zwei Flanger- und drei Phaser-Versionen. Ferner ist ein Ringmodulator an Bord. Die zweite Instanz hat zusätzlich mehrere Hall-Varianten spendiert bekommen. Neben dem Mix von Roh- und Effekt-Material bietet jeder Effekt zwei Parameter an. Zeitsensitive Algorithmen lassen sich zu Arpeggiator, Sequenzer oder MIDI-Clock synchronisieren. Die Klangqualität ist durchweg hervorragend. Selbst hochwertige DAW-Plug-ins bieten oft keinen derartigen Sound. Besonders der Ringmodulator wusste im Test zu begeistern. Er liefert hart verstimmte, aber dennoch stets geradlinig klingende Resultate. Endlich kann der OB-6 auch aggressiv tönen.
Hilfestellung
Der Arpeggiator deckt ein bis drei Oktaven ab. Noten lassen sich aufsteigend, absteigend, im Wechsel, zufällig oder nach Vorbild der angeschlagenen Tasten abspielen. Die Taktung der Baugruppe kann intern (30 bis 250 BPM) oder extern via MIDI-Clock erfolgen. Bei letzterer Anwendung lässt sich die Geschwindigkeit von Halben bis 32steln verändern, inklusive punktierten Noten und Triolen.
Der Sequenzer stellt bis zu 64 Schritte pro Speicherslot bereit, jeder kann maximal sechs Noten beziehungsweise Pausen beinhalten. Übrig gebliebene Stimmen lassen sich live über das jeweilige Pattern legen. Überbeanspruchungen der Klangerzeugung führen zu teils sehr unschönen Artefakten. Die Aufnahme von Schritten erfolgt schrittweise.
Der Dave Smith Instruments OB-6 ist ein Weichei, jedoch im positiven Sinn! Kein anderer Synthesizer der letzten Jahre bietet einen derart herzensguten, aber dennoch vollen Analogsound. Typisch Oberheim eben. Der Klangcharakter ist vielleicht nicht ganz so breit wie von OB-8 und Matrix-12 gewohnt, dafür aber deutlich präziser. Somit lässt er sich wesentlich besser im Mix positionieren, selbst wenn der Stereo-Spread-Regler weit aufgedreht ist. Wer ein Instrument für weiche Leads, breite Pads und schiebende, aber dennoch wohlwollende Bässe sucht, ist hier genau an der richtigen Adresse. Das lebendige Wesen dieses Synthesizers kann man mit keinem anderen Hard- oder Software-Produkt nachbilden.
Dieser Artikel ist in unserer Heft-Ausgabe 128 erschienen.
- kompaktes Format
- hochwertiger Aufbau
- sanfte Oszillatoren
- Filter nach SEM-Vorbild
- X-Mod-Routing-System
- sechs Stimmen
- exzellente Effekte
- erstklassiger Gesamtsound
- Arpeggiator und Sequenzer