Mit dem LiN76 Vintage Limiting Amplifier bringen Lindell Audio einen weiteren Nachbau des legendären 1176-Kompressors an den Start – im mittleren Preissegment. Wir verraten, für wen das Remake interessant ist.
Mit dem LiN76 bieten Lindell Audio einen wertigen 1176-Nachbau mit allen bekannten Funktionen für den kleinen Geldbeutel an.
Die schwedische Firma Lindell Audio, 2010 vom Produzenten Tobias Lindell (Bohus Studio) gegründet, hat sich auf die Fahnen geschrieben, hochwertige Hardware-Geräte zu bezahlbaren Preisen anzubieten. Der Universal Audio 1176 Peak Limiter ist einer jener legendären Hardware-Kompressoren, der in fast jedem größeren Studio zu finden ist. Seit den späten 60ern hat er viele legendäre Produktionen geprägt, von Led Zeppelin bis Michael Jackson. Der erstmals 1967 auf den Markt gebrachte FET-Kompressor ist mit Ratio-Werten bis zu 20:1 auch als Limiter einsetzbar. Optisch ist der LiN76 seinem Vorbild sehr ähnlich, kommt ebenfalls im 19’’-Rackformat mit 2 HE und wiegt 8kg. Es ist ein einkanaliger Kompressor mit einem symmetrischen Klinken-Ein- und Ausgang.
On a budget
Dadurch, dass die Originale allenfalls noch als teure Gebrauchtware erhältlich sind, sind die Nachbauten eine sinnvolle Sache. Ganz alleine sind Lindell mit dieser Idee natürlich nicht, denn nach frühen Nachbauten wie Andrew Roberts Purple Audio MC76 oder Universal Audios 1176LN-Reissue haben in den letzten Jahren vor allem der WA76 von Warm Audio und Klark Tekniks 76-KT den Weg in viele Studios gefunden. Lindell positionieren sich preislich genau dazwischen. Qualitativ sind alle drei Geräte grundsolide.
Funktionsweise
Es handelt sich um einen Rotationspunkt-Kompressor, der keinen Threshold-Regler bietet. Stärkere Kompression erzeugt man durch Aufdrehen des Input-Reglers, wodurch geräteintern automatisch die Threshold gesenkt und der Eingangspegel verstärkt wird. Was den LiN76 – analog zum 1176 – besonders macht, sind die kurzen Attack-Zeiten von unter einer Millisekunde (20uS bis 800uS). Zu beachten ist, dass die Regler für Attack und Release (geht von 50ms bis 1200ms) genau umgekehrt wie bei den meisten Kompressoren funktionieren. Dies macht die Bedienung anfangs weniger intuitiv, aber daran kann man sich schnell gewöhnen.
Sound
Dafür wird man mit einem exquisiten Sound belohnt – sowie einer großen Flexibilität: Der LiN76 kann das Signal analog färben und es subtil komprimieren, es aber auch platt machen und anzerren. Jener Distortion-Effekt entsteht durch eine Extremeinstellung von Attack und Release und ist ebenso kultig wie der All-Buttons-Mode, der durch das Reindrücken aller Ratio-Knöpfe einen besonders dichten und lebendigen Sound erzeugt, der nur schwer reproduzierbar ist. Auch jede andere beliebige Kombination der Ratio-Knöpfe ist möglich und führt zu interessanten Resultaten. Produzenten schätzen den 1176 für seinen „musikalischen“ Charakter und seine unkonventionellen Sounds. Zudem ist der Sound seit den 60ern nicht „gealtert“ und heute noch so angesagt wie eh und je.
Vergleich zu Plug-ins
Über die Jahre wurden nicht nur analoge Nachbauten des 1176 auf den Markt gebracht, sondern auch digitale Emulationen. Hier ist der analoge LiN76 klar im Vorteil, denn dadurch, dass echter Strom fließt, klingt er gerade bei Extremeinstellungen runder und auch die Klangfärbung bei ausgeschaltetem Ratio ist prägnanter. Das gilt ebenso für legendäre Grundeinstellungen wie Dr. Pepper-Setting, All-Buttons-Modus oder Distortion des Signals, die wir uns auf der gegenüberliegenden Seite genauer ansehen. Diese sind auch mit dem Lindell LiN76 möglich. Weniger deutlich wird der Unterschied zu digitalen Emulationen bei moderaten Einstellungen. Der Nachteil des Li76 ist zudem, dass man nicht ohne größeren Aufwand beliebig viele Instanzen in einen Mix integrieren kann.
Einsatz
Die Gretchenfrage ist, für den ist der LiN76 prädestiniert. Stilistisch gibt es hier keine Einschränkungen, denn ein guter Kompressor wird in jedem Genre gerne gesehen, oder? Daher sind die Zielgruppe vor allem Home-Recordler, die mehr wollen als nur „in the box“ zu produzieren. Gut macht sich der LiN76 für digitale Recordings, denen man ein analoges Flair verpassen möchte, so z. B. Gesang, Bass, Gitarren, Drum-Einzelspuren oder Synthesizer. Bei Letzteren gilt die Einschränkung, dass man für Stereosignale zwei Instanzen des Kompressors braucht, da dieser einkanalig ist. Wer zwei Geräte hat, findet außerdem in der Bearbeitung von Drum-Raummikros oder Mix-Summen Einsatzzwecke, die sich aufdrängen.
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Lindell Audio bieten mit dem LiN76 eine gut und originalgetreu klingende Alternative zum 1176. Der knapp 500 Euro günstige Kompressor richtet sich vor allem an Hobby-Producer, denen der supergünstige 76-KT nicht geheuer und der WA67 zu teuer ist. Lindell haben das Erfolgsrezept 1:1 kopiert. Angesichts der Konkurrenz stellt sich allenfalls die Frage, ob es nicht Mehrwert bedeutet hätte, wenn man geringfügig vom Original abgewichen und dieses durch praktische Extras wie einen Bypass-Schalter oder eine Stereo-Ausführung erweitert hätte.
- originalgetreuer Sound
- moderater Preis
- alle Features des 1176
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